Скачать книгу

Treppenabsatz oben stand ein Mann, schwankend und undeutlich sprechend.“ Was willst Du hier?“

      Er sah Gerhard bösartig an.

      „Ihre Frau will ein paar Sachen holen, und dann gleich weg nach Frankfurt.“

      „Ha, ha, wenn ich sie lasse.“

      „Ihre Frau kann kommen und gehen, wann sie will,“ sagte Gerhard mit fester Stimme.

      „So, kann sie das? Wenn ich sie lasse.“ Er schaute Gerhard direkt ins Gesicht.

      „Was hast Du überhaupt zu suchen hier?

      Wer bist Du?“

      „Ich bin ein Bekannter Ihrer Frau. Sie bat mich, mitzukommen. Weil sie Angst vor Ihnen hat.“

      „Aha, ein Bekannter also. Und Du denkst, Du kannst sie so einfach mitnehmen?

      Einfach so?“

      „Wenn Sie Schwierigkeiten machen, werde ich die Polizei rufen.“

      Gerhard drehte sich zu Ilona und sagte mit leiser Stimme:

      „Musst Du nach oben?“

      Sie antwortete verängstigt: „Ja, oben ins Schlafzimmer.“

      „Dann komm jetzt. Er wird Dir nichts tun.“

      Er ging vor ihr her nach oben. Sie folgte zögernd.

      Auf dem oberen Treppenabsatz stellte sich Gerhard neben ihren Mann. Er war etwas kleiner, schwankte und hatte eine starke Fahne, ob von Wein oder Schnaps oder beidem, vermochte Gerhard nicht einzuschätzen. Er roch erbärmlich nach Alkohol. Als die Frau den Treppenabsatz erreicht hatte, machte der Mann einen Schritt auf sie zu. Gerhard griff entschlossen nach seinem Arm, und hielt ihn fest. Er zog ihn zu sich heran, weg von der Frau. Da geschah es. Der Mann stolperte, und versuchte, sich am Geländer festzuhalten. Doch er verlor das Gleichgewicht und torkelte auf die Treppe zu. Er versuchte, wieder am Geländer Halt zu finden, aber er stolperte über seinen rechten Fuß. Er war zu betrunken für gut koordinierte Bewegungen und stürzte kopfüber die Treppe abwärts. Gerhard versuchte noch, ihn am Arm festzuhalten, doch da verlor der Mann endgültig den Halt. Mit einem Fluch ging er zu Boden, und stürzte kopfüber weiter abwärts. Er schlug mit der Stirn auf eine Kante und rutschte rückwärts den Rest der Treppenstufen, sich zweimal überschlagend, hinab. Am Fuß der Treppe blieb er liegen und bewegte sich nicht mehr.

      Gerhard eilte die Treppe hinab, um zu helfen. Der Mann lag da, als schliefe er. Ein Zittern lief durch seinen Körper, dann lag er still. Sein Kopf war unnatürlich abgewinkelt, eine Augen geöffnet. Gerhard beugte sich zu ihm herab und suchte am verdrehten Hals seinen Puls zu erfühlen. Doch vergeblich. Er sah nach oben, wo Ilona mit weiten Augen ihn ansah.

      „Er hat sich wohl das Genick gebrochen. Wir müssen die Polizei rufen“, sagte Gerhard mit heiserer Stimme.

      „Bist Du sicher, dass er tot ist?“, fragte sie mit unsicherer Stimme.

      „Ich fürchte, ja. Er ist fünf Meter die Treppe herabgestürzt. Der Kopf ist unnatürlich verdreht, die Augen sind geöffnet. Man spürt keinen Puls mehr. Wir müssen zur Polizei.“

      „Nein, warte, nicht die Polizei. Sie werden Dich beschuldigen, dass du ihn mit meiner Hilfe die Treppe hinuntergeworfen geworfen hast.

      Nein, nein, ich habe Angst. Lass uns überlegen, was wir tun können, um Probleme mit der Polizei zu vermeiden.“

      „Wie meinst Du das?“

      „Polizisten suchen immer einen Schuldigen, einen, dem sie schnell was anhängen können, auch wenn der oder die unschuldig ist. Ich habe meine Erfahrungen gemacht und gelernt. Es war schlimm für mich.

      Er sah sie fragend und ungläubig an.

      „Welche Erfahrungen hast Du gemacht?“

      „Schlimme, ganz schlimme“

      „Welche schlimmen Erfahrungen hast Du gemacht?“

      „Darüber möchte ich nicht reden, jetzt noch nicht. Ich war halt, wie man sagt, am falschen Ort zur falschen Zeit.“

      „Was ist da passiert?“

      „Darüber möchte ich auch nicht reden, jetzt noch nicht. Vielleicht später einmal, doch, ganz sicher, später einmal.“

      „Und jetzt willst Du überlegen, wie wir ‚Problemen‘ mit der Polizei aus dem Weg gehen“

      „Es gibt immer einen Weg. Lass uns reden und überlegen.“

      „Gut, lass uns reden und überlegen1“

      „Aber nicht hier.“ Sie sah zu dem Toten hin.

      „Ihm können wir nicht mehr helfen, wenn er tot ist. Und ich habe Angst vor ihm, auch jetzt noch. Können wir wieder zu Dir. Da ist es gemütlicher, viel gemütlicher.“

      „Gut, fahren wir wieder zu mir nach Hause, wenn Du willst.“

      „Ja, das ist besser. Und hierher wird niemand kommen – es kommt nie jemand hierher. Lass uns bei Dir nachdenken, was wir tun können.“

      „Gut“.

      *****

      Als sie zu Gerhard nach Hause fuhren, taute der Schnee. Die Straßen waren mit dickem Schneematsch bedeckt. Gerhard war in Gedanken versunken.

      „Jetzt haben wir uns strafbar gemacht. Wir haben einen Tatort verlassen.“

      „Es war nur Notwehr. Du hast ihn nicht bedroht. Er war betrunken und aggressiv, er hat uns bedroht. Er wollte mir wehtun. Du hast es verhindert. Das war Dein Recht.“

      *****

      Bei Gerhard saßen sie im geräumigem Wohnzimmer.

      Er begann das Gespräch. „Wie können wir dem Ärger mit der Polizei aus dem Weg gehen? Was denkst Du? Hast Du eine Idee?“

      „Vielleicht ja. „

      „Und wie genau willst Du vorgehen?“

      „Nun, was wäre, wenn mein Mann verschwinden würde?“

      „Wie willst Du ihn verschwinden lassen?“

      „Wir können ihn beerdigen.“

      „Wir können ihn nicht einfach zu einem Friedhof bringen.“

      „Den Friedhof müssen wir vergessen. Wir können ihn in unserem Garten beerdigen.“

      „Wie meinst Du das?“

      „Zu unserem Haus gehört ein Garten. Er ist groß, ungefähr eintausend Quadratmeter groß. Wenn wir ihn dort beerdigen, wird er nie gefunden werden.“

      „Und wenn die Polizei ihn sucht?“

      „Ich kann zur Polizei gehen, und ihn als vermisst melden. Sie werden einen Ordner anlegen und die Vermisstenanzeige abheften. Es verschwinden immer wieder mal spurlos irgendwelche Leute. Sie werden denken: Ein Arbeitsloser mit Schulden weniger. Er wollte immer wieder nach Neuseeland oder sonst wohin auswandern. Wenn ich das zu Protokoll gebe, wird schnell Gras über die Sache wachsen. Er wird verschwunden bleiben, glaub es mir! Im letzten Sommer hat mein Mann Kies und Zement kommen lassen, um einen Weg durch den Garten zu betonieren. Er wurde nie fertig damit.

      Wenn wir ihn dort beerdigen, und dann dort den Weg fertig betonieren, wird er nie gefunden werden. Und wir werden nie Ärger mit der Polizei bekommen. Irgendwann wird seine Akte offiziell geschlossen werden, und wir werden zusammenziehen. Was denkst Du darüber?“

      „Es klingt gut, aber lass mich darüber nachdenken. Ich werde Dich jetzt nach Hause bringen, und Dich später anrufen. Nach Frankfurt zu Deiner Tante willst Du jetzt wohl nicht mehr?“

      „Nein, das ist jetzt überflüssig. Er schlägt mich jetzt nicht mehr. Er hat seine Rechnung bekommen, und ich habe meine Ruhe vor ihm. Wenn wir nachher bei mir zu Hause sind, kannst Du mir noch helfen, ihn zunächst in den Keller zu bringen und ihn

Скачать книгу