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dich kauf ich mir!“, murmelte sie vor sich hin.

      ***

      Am späten Nachmittag war es im Silbernen Bein ruhig. An einem Tisch saßen zwei ältere Männer bei einem Bier und unterhielten sich angeregt. Ralf ­Rosenthal hatte am Stammtisch Platz genommen, ein Apfelwein stand vor ihm. Von der Wirtin war nichts zu sehen. ­Melanie grüßte laut und setzte sich zu ­Sabrinas Nachbar.

      Er schaute sie besorgt an. „Na Mel, du siehst irgendwie mitgenommen aus. Fehlt dir was?“

      „Hi, lass mal, mir schwirrt gerade vieles durch den Kopf“, entgegnete sie.

      „Soll ich dir eine Limonade holen?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, stand er auf, ging hinter den Tresen und kam wenig später mit einer Kräuterlimonade sowie einem Glas zurück an den Tisch. Beides stellte er vor sie hin, wofür sie ihn mit einem Lächeln belohnte. Sie erinnerte sich an den Rat des Grafen, ­Rosenthal zu vertrauen.

      „Sag mal, kennst du einen Rotschopf, so um die vierzig, etwas größer als ich, leicht gewelltes Haar und kurz gestutzter Vollbart?“

      Ihr Tischnachbar überlegte einen Moment. „Da fällt mir eigentlich nur Timo Rall ein. Warum?“

      „Aha, wer ist das?“ Sie trank einen Schluck Limonade und sah ihn erwartungsvoll an.

      „Er ist der Assistent, die rechte Hand oder wie immer du es ausdrücken möchtest, von ­Schüttler, dem Immobilienmenschen, der letztens hier war. Erinnerst du dich? Der unsere Häuser unbedingt kaufen will.“ Er schaute sie an. „Jetzt sag schon, was ist mit dem? Wie kommst du auf ihn?“

      Der Architekt also. Aus welchem Grund brach dessen Adlatus bei ihr ein? „Ach, nur so. Ich hab den mit Schneider zusammen gesehen. Das hat mich irritiert.“

      Ralf runzelte die Stirn. „Hoppla! Der Nazi und Rall! Gut zu wissen. Woher kennst du denn den Schneider?“

      Sie erzählte ihm von dem Vorfall in der Gaststätte und wie ­Oliver Grundke die Situation bereinigt hatte.

      Die Eingangstür öffnete sich und die Frau aus dem Schlosspark betrat das Lokal. Erneut sah sie aus, als sei sie auf dem Weg zu einem offiziellen Anlass, diesmal war das Kostüm allerdings grau.

      ­Rosenthal verzog das Gesicht. „Die hat gerade noch gefehlt“, raunte er ­Melanie zu. „Das ist Nadine Gissel, Reporterin bei unserer regionalen Zeitung, dem Taunusblick.“

      Die Journalistin grüßte und setzte sich an einen der Nachbartische. ­Melanie spürte einen unangenehmen Druck auf ihrer Blase und entschuldigte sich, weil sie die Örtlichkeiten aufsuchen wollte. Als sie vor der Treppe an der angelehnten Küchentür vorbeiging, vernahm sie eine fremde Stimme. Als sie ihren Namen hörte, blieb sie stehen und stellte sich so hin, dass sie frühzeitig erkennen konnte, falls jemand aus der Wirtsstube auf sie zukommen würde.

      Normalerweise war ­Sabrina um diese Zeit immer allein in der Wirtschaft, soweit ­Melanie wusste. Eine aggressiv klingende Frauenstimme war zu hören. „Bin mir noch nicht schlüssig. Finde es ungewöhnlich, dass eine Urlauberin jeden Tag in deiner Kneipe rumhängt.“ Oha, sie sprach ganz sicher über Mel. „Besser, du passt ein bisschen auf. Vom Gefühl her glaube ich, dass mit der was nicht stimmt!“

      ­Melanie erkannte im letzten Moment, dass einer der Senioren auf die Treppe zukam und eilte nach unten, um in der Damentoilette zu verschwinden. Sie grübelte. Wer war die Frau? Wieso erlaubte die sich ein Urteil, ohne sie jemals getroffen zu haben?

      Als sie zurück zum Stammtisch kam, fand sie ­Rosenthal und Nadine Gissel im Gespräch vor. Die Journalistin hielt wohl gerade einen Monolog, als ihr auf dem Tisch liegendes Telefon klingelte.

      „Ja, was gibt es?“ Während sie zuhörte, stand sie langsam auf. „Unglaublich! Ist aber nicht das Schloss, oder?“ Sie nahm ihre Handtasche. „Okay, bin auf dem Weg.“

      Dann wandte sie sich an Ralf. „Ich muss. Im Schlosspark brennt es. In der Nähe von Goethes Ruh.“

      So schnell es ihr in dem engen Rock möglich war, stolzierte sie auf den Pumps aus dem Gasthaus.

      ***

      „Die Kleine aus dem Kurpark ist eine Privatdetektivin!“ Mit einer gewissen Genugtuung registrierte Timo die Blässe seines Chefs, der hinter dem Schreibtisch thronte. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, die Sache alles andere als spaßig zu finden.

      „Was?“, polterte ­Schüttler los. „Wieso treibt sich eine Schnüfflerin hier rum? Woher weißt du das überhaupt?“

      Timo verschränkte die Arme. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, was sie vorhat. Sie kommt aus Hamburg, was mich etwas überrascht. Ist ein bisschen weit weg von ihrem eigentlichen Jagdgebiet.“ Er hob beschwichtigend die Hände. „Muss ja nichts mit uns zu tun haben. Wir sollten trotzdem vorsichtig sein.“

      ­Schüttler bohrte erneut. „Sag endlich, wie du das erfahren hast!“

      Timo grinste. „Das willst du nicht wissen. Vertraue mir!“

      „Okay, lass dir aber eins gesagt sein: wenn was schief geht, arbeitest du auf eigene Rechnung!“

      Das war Timo bewusst. Der Chef erwartete zwar von ihm, dass er die Kastanien aus dem Feuer holte, falls es brenzlig wurde, würde er jede Beteiligung an was auch immer abstreiten. Das war in Timos üppigem Gehalt quasi eingepreist.

      „Ich spreche morgen noch einmal mit ­Rosenthal. Vielleicht knacke ich ihn. Überlege, ob wir ihm nicht beim Umzug ins Seniorenparadies helfen könnten. Werde mir die Klettke und den Mumer diesbezüglich vornehmen. Die sollen das ebenfalls unterstützen.“

      „Einverstanden, Hauptsache, wir kommen voran! Zieh die Daumenschrauben bei der Eskir an. Ich will die beiden Häuser und zwar bald!“

      ***

      ­Sabrina setzte sich zu ­Rosenthal an den Tisch. „Ralf, was hältst du von ­Melanie?“

      Er überlegte kurz. „Sie ist nett. Warum?“

      „Mir erscheint sie manchmal merkwürdig. Es ist irgendwie nicht normal, dass sich eine Urlauberin wie sie tagelang bei uns in Bad Homburg aufhält und dann jeden Tag hierherkommt.“

      „Wieso? Ihr gefällt es hier und das spricht für deine Kneipe mitsamt ihren freundlichen Gästen. Sei einfach froh.“ Die Wirtin lächelte gedankenversunken und nickte.

      Er schmunzelte. „Ist es für dich überhaupt nicht vorstellbar, das Haus zu verkaufen?“, wechselte er plötzlich das Thema.

      ­Sabrina stutzte. „Nein. Warum? Du kennst meine Meinung und den Grund! Was soll die Frage?“

      Selbstverständlich kannte er ihr Geheimnis. „Das Problem ist zu lösen.“ Er hielt kurz inne. „Ich hab nachgedacht und mit Marion gesprochen. In dieser Seniorenresidenz auf Gran Canaria ist ein Appartement frei. Überleg mal: Wir brechen hier alle Zelte ab und ziehen dorthin. Du kaufst dir eine Wohnung in der Nähe der Residenz, eröffnest eine Bar und wir genießen die Sonne. Wie wäre das?“

      ­Sabrina sprang auf. „Spinnst du jetzt total? Was mache ich ein Leben lang auf der Insel? Ich bin 32! Keine richtigen Jahreszeiten, jeden Tag bescheuerte Touristen. Was bitte ist daran erstrebenswert? Ich würde kaputt gehen. Vergiss es! Tu von mir aus, was du nicht lassen kannst, aber ohne mich!“

      Ralf hob beschwichtigend die Hände. Eigentlich hatte er früher mit diesem Ausbruch gerechnet. „Nicht aufregen. Ist nur eine Idee. Ich wollte sowieso zunächst Uwe Klarer anrufen.“

      ­Sabrina verzog das Gesicht, was Ralf nicht überraschte, denn sie hatte den ehemaligen Stammgast nie wirklich gemocht und war froh gewesen, als er Bad Homburg verließ.

      „Weshalb?“, erkundigte sie sich.

      „Na, der lebt dort. Marion und Werner haben ihm geholfen, hier alles aufzuräumen, und ihm die Unterkunft vermittelt. Hast du das nicht mitbekommen?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ist mir auch egal.“

      Das

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