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wieder und immer wieder. Und genau das ist der größte Fehler. Anstatt zu lernen, Fehler für die Selbstoptimierung zu nutzen, perfektionieren wir uns darin Fehler zu vermeiden, sie zu vertuschen, die Verantwortung dafür von uns zu schieben, kurz: Wir sind blind für das Potenzial, das in jedem (unserer) Fehler steckt.

      Dieses Thema betrifft nicht nur Lehrer, die mit den Fehlern ihrer Schüler umgehen müssen – und anders umgehen sollten als bisher in unserem Schulsystem – es betrifft uns alle. Eben weil wir dieses Schulsystem durchlaufen haben und in dieser Gesellschaft groß geworden sind, die Fehler geringschätzt, neigen wir alle dazu, Fehler bei anderen anzuprangern, mit dem Finger darauf zu zeigen, die Betreffenden dafür zu verurteilen.

      Fehler können aber so viel mehr sein als etwas, das man vermeiden sollte. Indem sie ein Umdenken bewirken, verwandeln sie sich in eine Morgendämmerung neuer Erkenntnisse über uns selbst, unsere Erfahrungen, unser Leben. Dankbar für das, was aus dem einstigen Fehler erwachsen ist, richten wir den Blick nach vorn und starten neu durch.

      Worte der Besinnung:

      Fehler sind Meilensteine der Entwicklung.

      Hingabe

       Das wahre Ich will nicht gesucht sein,

       wenn es erscheinen soll.

       … es verbirgt sich, wenn es gesucht wird.

       Denn es wird nur in der Liebe gefunden.

       Und Liebe ist Hingabe des eigenen Wesens

       an das fremde Wesen.

       Daher muss das wahre Ich

       wie einfremdes Wesen gefunden werden.13

      Rudolf Steiner

      Hingabe ist allerhöchstes Tun und entspringt dem allertiefsten Sein. Sie ist eine Quelle in uns, die uns Anschluss schenkt an beides: an uns und die Welt, das fremde Andere. Sich hingeben kann nur, wer um seine Talente weiß, um die Gottesgabe, die sie sind. Wer spürt, dass er selbst der Beitrag ist, den er sich für die Welt wünscht, wird sich selbstverantwortlich und eigeninitiativ als Wegbereiter zum Wohl des Ganzen hingeben.

      Hingabe ist die erste Qualität, die wir unseren Müttern ablauschen: unserer leiblichen Mutter bzw. allen mütterlich Versorgenden – und Mutter Erde.

      Hingabe folgt der Empfänglichkeit auf dem Fuß, bildet mit ihr das Tor zum Empfangen.

      Hingabe ist eine besondere Form der Weitergabe, ist ein Opfer, das keines ist, weil alles Hingegebene zurückkommt, verwandelt in Beglückung und Freude.

      Hingabe ist das Tor zum Wesen, ist Ausdruck allerhöchster Liebe, ist Liebesverkünder und Liebesverbreiter, denn ohne Liebe wäre Hingabe nicht möglich.

      Und wie diese ist Hingabe ein Kind der Freiheit, ist wie diese zum Geben geboren: In der liebevollen Hingabe offenbaren sich Sein und Tun als zweieiige, aber unzertrennliche Zwillinge. Der eine entfernt sich nie weit vom anderen:

      Hingabe ist eine besondere Form des Seins, das zu einem Tun führt, das sich als Glücksbringer entpuppt.

      Hingabe ist eine besondere Form des Tuns, das zu einem Sein führt, das erfüllt ist von dem Glück, das es dem Anderen schenkte.

      In der rückhaltlosen Hingabe ans Leben finden wir die Erfüllung, die wir vom Leben seit jeher ersehnten.

      Worte der Besinnung:

      Hingabe ist ein Geschenk an mich selbst.

      Ideen

       Man muss der Idee erlebend gegenüberstehen,

       sonst gerät man unter ihre Knechtschaft.14

      Rudolf Steiner

      Ideen sind ein gefährlicher Zündstoff. Sie sind in der Lage, die Welt in Brand zu stecken, die Menschen in Aufruhr zu versetzen, sie gegeneinander aufzuhetzen, Kriege aller Art zu entfachen. Ideen können aber auch Frieden stiften, Zuversicht und Hoffnung spenden, sie können trösten, verbinden, überbrücken und der Menschheit das Heil bringen, das sie benötigt. Sie sind das wirkmächtigste Werkzeug des Menschen, seit er denken kann.

      Es ist nicht die Schuld der Ideen, wenn Menschen unter ihre Knechtschaft geraten, weil sie nicht die Kraft und den Mut aufgebracht haben, sich der Idee erlebend gegenüberzustellen, wie Steiner es im letzten Satz seines berühmten Buches über die Freiheit fordert. Es ist auch nicht die Schuld einer Idee, wenn sie Brandbomben legende Fanatiker auf den Plan ruft, nur weil diese ihre Entwicklungsaufgaben versäumten.

      Sich einer Idee gegenüberzustellen bedeutet, sie in einem ersten Schritt gedanklich klar zu erfassen. Um sie zu erleben, müssen wir sie fühlen, sie in einem zweiten Schritt in unserem Herzen lebendig werden lassen, bis auch ihre Folgen in uns ahnungsvoll aufleuchten. Erst dann stehen wir ihr erlebend gegenüber, Herz an Herz, sozusagen auf „Herzhöhe“, denn auch hier, wie bei jeder Begegnung, sehen wir nur mit dem Herzen gut.15

      Unser Verstand greift immer zu kurz, will in eigener Sache zu hoch hinaus. Er flüstert uns zu, diese oder jene Idee könnte uns zu Macht und Ruhm verhelfen, zu Durchblick und Kontrolle, wenn wir bereit sind, uns ihr zu unterwerfen. Folgen wir solchen Einflüsterungen, stellen wir die Idee über uns, werden wir unweigerlich zu ihren Knechten, zu fanatischen Ideen-Verfechtern um jeden Preis. Dann haben wir unsere Macht an die Idee abgegeben, sind unter ihre Knechtschaft geraten, um im Bild von Steiner zu bleiben. Aus einer solch unmündigen Haltung kann niemals Gutes erwachsen, genauso wenig wie aus Dynamit in Kinderhänden, das leuchtet jedem ein.

      Es geht hier nicht um den Wert einer Idee. Nicht ihr Wert entscheidet über Krieg oder Frieden, sondern unser souveräner Umgang mit der Idee als solche. Es ist auch nicht so, dass es uns derzeit an rettenden Ideen fehlen würde. In der aktuellen Krise hageln sie in großer Anzahl auf uns nieder, gefragt oder ungefragt. Wirklich fruchtbar machen können wir sie erst, wenn wir uns als einzelne und als Gesellschaft bewusst sind, was es heißt, mit Ideen auf Herzhöhe umzugehen, ihnen ein echtes Gegenüber zu sein. Erst das befähigt uns, uns konstruktiv und mit Blick auf das Gemeinwohl in den Dienst einer rettenden Idee zu stellen – als Freie und nicht als Knechte.

      Anders gesagt: Ideen müssen aufgrund ihrer Sprengkraft immer aus der Souveränität des mündigen Bewusstseins heraus vertreten werden. Es liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Menschen diese Souveränität gegenüber jeder Idee zu entwickeln, um diese Impulsgeber des Geistigen für sich und die Welt friedenstiftend fruchtbar machen zu können. Das gelingt uns nur, indem wir ihren Zündstoff erkennen und nutzen, indem wir die Flamme der Begeisterung, das Feuer der Liebe und die Wärme des Mutes unbeirrbar dort entzünden, wo kaltes Grauen und kühle Gleichgültigkeit das Leben im Innen und Außen zu vernichten drohen.

      Worte der Besinnung:

      Ideen fordern mündige Menschen.

      Begeisterung

       Erfolg ist Stolpern

       von Versagen zu Versagen

       ohne Verlust an Begeisterung.

      Winston Churchill

      Ich musste mir nie Arbeit suchen, immer lag sie vor mir, auf meinem Weg, als warte sie darauf, von mir ergriffen zu werden. Alle Arbeitsangebote meines Lebens, ab meiner ersten Stelle, verdanke ich Hinweisen, zufälligen Begegnungen und gezielten Anfragen an mich. Ich musste nur zugreifen. Und bei allem, was ich anpacken durfte, trug mich die Begeisterung in diese neuen Erfahrungsräume, gab mir Kraft für die Herausforderungen, die dort auf mich warteten. Das ließ mich jedes Mal weit über mich selbst hinauswachsen. Begeisterung und Freude am Tun waren es auch, die mich den Zauber entdecken ließen, der jedem Anfang innewohnt.

      Begeisterung ist ein Kind des Geistes und geht einher mit Inspirationen, die weich landen wollen, in einem empfänglichen Herzen, das sich des Geschenks der Stunde bewusst

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