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Er raste hinunter in den Wohnraum und kontrollierte die Gasheizung. Unheimlich, daß sie nicht eingeschaltet worden war, und zwar ohne Flamme. Diesen Trick hatte er in der Vergangenheit schon einige Male angewendet und immer mit töd-lichem Erfolg.

      Was war mit dem Keller? War die Gasleitung dort angesägt worden? Oder befand sich eine Zeitbombe unter seinen Füßen? Der Henker drehte durch, was sicher nicht für große Klasse sprach. Er zeigte Nerven, was man in seinen Kreisen übelnahm.

      Kildare riß die Kellertür auf und eilte nach unten.

      Er übersah dabei seine nackten Füße und das leicht feuchte Holz der Treppe. Er hatte die Hälfte seines Weges noch nicht hinter sich gebracht, als er ausrutschte. Er stieß einen gellenden Schrei aus und segelte im freien Flug nach unten. Sein Kopf, der sich von der ersten Bauchlandung noch nicht erholt hatte, wurde er-neut einer harten Prüfung unterzogen, die das edle Haupt bedauerlicherweise nicht bestand.

      Unglücksfall, dachte Kildare, bevor er bewußtlos wurde.

      *

      »Der Notarzt vermutet eine schwere Gehirnerschütterung«, meldete Parker Agatha Simpson. »Mister Kildare wurde sofort ins Hospital gebracht. Dort wird man übrigens sein angebrochenes Knie Und die bei-den gebrochenen Arme fachmännisch schienen.«

      »Du lieber Himmel«, sagte die Detektivin beeindruckt, »den hat’s aber erwischt.«

      »Ein typischer, häuslicher Unglücksfall«, bemerkte der Butler würdevoll.

      »Hand aufs Herz, Mister Parker! Haben Sie da vielleicht etwas nachgeholfen?«

      »Mylady!« Parker gab sich ein wenig entrüstet.

      »Das sieht nach Ihrer Handschrift aus, Mister Parker.«

      »Ich darf Mylady versichern, daß ich vollkommen unschuldig bin.«

      »Schon gut, schon gut, Mister Parker.« Agatha Simpson glaubte ihm nicht so recht. »Hauptsache, dieser Mann kommt vorerst nicht aus dem Krankenhaus heraus.«

      »Mit Sicherheit nicht, Mylady«, berichtete Parker weiter. »Der Arzt, den ich alarmieren konnte, rechnet mit etwa sechs Wochen.«

      »Schadet diesem Killer nicht«, stellte Agatha Simpson grimmig fest. »Er hätte sonst uns umgebracht, nicht wahr?«

      »Damit, Mylady, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu rechnen. Er fühlte sich kontrol-liert und hätte wohl zu einem Gegenschlag ausgeholt.«

      »Sie haben sich wieder mal als recht begabt erwiesen«, sagte die kriegerische Dame und zwinkerte ihm vertraulich zu. Man spürte deutlich, daß sie ihm kein Wort glaubte. Für sie stand es nach wie vor fest, daß er die Kellertreppe im Haus Ellis Kildares präpariert hatte. Davon ließ die Sechzigjährige sich nicht abbringen.

      »Ich möchte und muß Mylady versichern, daß ich auf keinen Fall …«

      »Sie müssen das abstreiten! Ich weiß!« Sie zwinkerte erneut. »Reden wir nicht mehr davon. Mir genügt es, daß dieses gräßliche Subjekt ans Krankenlager gefesselt ist und kein Unheil anrichten kann.«

      Parker gab es daraufhin auf, noch weiterhin seine Unschuld zu beteuern. Mylady wollte einfach glauben, was nicht den Tatsachen entsprach.

      »Wann befassen wir uns wieder mit Waters?« wechselte Agatha Simpson zu Parkers Erleichterung das Thema. »Wir sollten diesem Individuum keine unnötige Ruhe gönnen.«

      »Sehr wohl, Mylady«, erwiderte Parker. »Vorher möchte ich aber noch die Spuren in den Hintergärten vernichten. Man braucht die Tropfspur der Flüssigkeit nicht unbedingt zu entdecken. Dies nur für den Fall, daß die Polizei erscheint.«

      Parker hatte auf Grund dieser fluoresiernden Tropfspuren das Haus feststellen können, in dem Kildare Quartier bezogen hatte. Diese Leitlinie wollte er jetzt verschwinden lassen. Er war der Ansicht, daß eine Einmischung der Polizei diesem Stephan Waters nur unnötig half.

      Mylady war mit Parkers Vorschlag natürlich einverstanden. Sie begab sich hinauf ins Giebelzimmer und beobachtete das Castle. In der Optik des Teleskops war das alte, starke Gemäuer sehr gut zu sehen. Das Schloß sah unbezwingbar und abweisend aus. Dennoch war Mylady guten Mutes.

      Sie verfügte ja über einen Butler, der es spielend leicht mit einem Spezialisten des Syndikats aufnehmen konnte.

      *

      Nach dem Lunch – Parker servierte Pork sausages, eine Pastete aus Fleisch und harten Eiern und einen Apfelpudding – fuhren Parker, Lady Simpson und Kathy Porter hinüber nach Falmouth und mieteten sich dort ein recht starkes, seegängiges Boot, das einem kleinen Fischkutter glich. Während. Agatha Simpson das Boot inspizierte, verlud der Butler einiges Gepäck, das in Segeltuch verpackt war. Es war nicht festzustellen, was er da auf die Seereise mitnehmen wollte.

      Parker, der das Ruder des Bootes übernehmen wollte, hielt sich bescheiden zurück, als seine Herrin das Kommando übernahm. Scheinbar unbewegt nahm Parker immerhin leicht erstaunt zur Kenntnis, daß Mylady sich auf einem Schiff gut auskannte. Sie legte geradezu meisterhaft ab. Daß sie dabei ein erfreulicherweise leeres Ruderboot mit dem Bug des Bootes zerschnitt und es anschließend überwalzte, war nur ein kleiner Schönheitsfehler, über den der Butler vornehmerweise kein Wort verloren.

      In sanften Schlangenlinien steuerte Mylady dann das Boot aus dem Hafen, eine Flut von Schimpfworten und Protesten hinter sich lassend. Andere Fahrgäste im Hafen hielten ihre Künste als Freizeitkapitän wahr-scheinlich nicht für besonders gut. Darüber hinaus fehlte ihnen jene Vornehmheit, die den Butler auszeichne-te.

      Erst als Agatha Simpson es sich in den Kopf gesetzt zu haben schien, einen mittelgroßen Frachter zu ram-men, sah der Butler sich nun doch genötigt, ein wenig korrigierend einzugreifen.

      »Darf ich Mylady auf den Frachter aufmerksam machen?« meldete er sich zu Wort.

      »Welchen Frachter?« Agatha Simpson hatte bisher souverän auf den Gebrauch ihrer Lorgnette verzichtet, auf jene Stielbrille also, die an einer Silberkette um ihren Hals hing.

      »Achtern«, sagte Parker höflich und ohne die Ruhe zu verlieren, obwohl er bereits das wilde und heftige Gestikulieren der Männer an Bord des Frachters registriert hatte.

      Mylady verstand den Hinweis nicht sonderlich gut und bewegte das Ruder genau mitschiffs auf den Frachter zu, der einen wilden Haken zu schlagen versuchte.

      »Darf ich anregen, daß Mylady vielleicht die andere Richtung wählt?« schlug Parker würdevoll vor. Er grüßte mit seiner Melone gemessen in Richtung Frachter zurück.

      Lady Simpson hatte inzwischen erkannt, was Parker vorgeschlagen hatte. Sie legte das Ruder hart herum und schrammte in nur sehr kurzer Entfernung an der Bordwand des Frachters entlang. Die riesige, dunkle Stahlmasse schien nun doch ihrer Aufmerksamkeit nicht mehr entgangen zu sein. Sie nahm ihre Lorgnette hoch und reagierte kopfschüttelnd und vorwurfsvoll.

      »Nun sehen Sie sich doch diesen Lümmel an«, rief sie Parker zu. »Hat der Kapitän denn keine Augen im Kopf? So etwas müßte glatt verboten werden.«

      »Sehr wohl, Mylady«, erwiderte Parker.

      »Der Mann da oben auf der Brücke soll sich sein Lehrgeld zurückgeben lassen!«

      »Wie Mylady meinen«, lautete Parkers ergebene Antwort.

      »Dieser Anfänger hätte uns ja um ein Haar gerammt«, beschwerte sich die Detektivin weiter. »So etwas gehört vor ein Seegericht.«

      Parker vermochte diesmal nicht zu antworten.

      An der Reling des Frachters standen Matrosen und Offiziere. Sie belegten Lady Agatha, die man ja deut-lich am Ruder sah, mit ausgesuchten Schimpfworten und unzarten Anspielungen auf ihre Vergangenheit, die die resolute Steuermännin zu Parkers Kummer leider mitbekam.

      »Haben Sie das gerade gehört?« wendete sie sich empört zu ihrem Butler um. »Galt das Suppenhuhn mir?«

      »Ich bin nicht sicher, Mylady«, gestand Parker.

      »Das wollen

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