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dieser Feststellung schritt Mylady weiter und erinnerte dabei an eine Bühnen-Heroine, die ihren großen Auftritt hatte. Angst war ihr völlig fremd. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, daß irgendein Mensch es wagte, sich mit ihr anzulegen.

      Parker war wachsam.

      Er wartete, bis Mylady ihn erreicht hatte und sicherte dabei in Richtung Nische. Im halbdunklen Clubraum war verständlicherweise Unruhe aufgekommen.

      Der Geohrfeigte hatte seine Benommenheit abgeschüttelt und stemmte sich hoch. Er hatte ganz klar die Absicht, sich mit Lady Agatha auseinanderzusetzen. Bevor er allerdings aktiv werden konnte, erschien der Manager des Clubs, ein Mann von ebenfalls etwa vierzig Jahren.

      Er schob sich zwischen Mylady und dem Geohrfeigten, der sich aus der Nische schieben wollte. Er zischte ihm etwas zu, was Josuah Parker allerdings nicht verstehen konnte. Daraufhin nahm der Mann zögernd Platz, rieb sich die geohrfeigte Seite seines Gesichts und ließ sich von den übrigen Männern in der Nische beruhigen.

      »Falls man Sie beleidigt haben sollte, Mylady, bitte ich um Entschuldigung«, sagte der Manager dann zu der älteren Dame.

      »Sie kennen Mylady, wenn man höflich fragen darf?« erkundigte sich Josuah Parker.

      »Nicht persönlich, nur vom Hörensagen«, erwiderte der Manager. »Wie gesagt, ich bitte um Entschuldigung, Mylady.«

      »Ich fühle mich noch immer zutiefst beleidigt«, erklärte Agatha Simpson grollend. »Ich glaube kaum, daß ich zu versöhnen bin.«

      »Darf ich Ihnen auf Kosten des Hauses einen Versöhnungsschluck anbieten?« fragte der Manager.

      »Nun gut, gegen eine Flasche Champagner habe ich nichts einzuwenden«, willigte Mylady wohlwollend ein. »Anschließend werden Sie mir dann einige Fragen beantworten, junger Mann, die Mister Parker an Sie richten wird.«

      *

      Der Manager bemühte sich höchstpersönlich, Mylady Champagner zu kredenzen. Parker war nicht entgangen, daß er mit einigen Gästen schnelle Blicke tauschte. Dem Manager schien viel daran gelegen zu sein, daß die Situation sich entschärfte.

      Dieser Mann schien auch über einen recht massiven Einfluß zu verfügen. Die Gäste in der Nische waren bereits aufgestanden und entfernten sich.

      »Und nun zu meinen Fragen, junger Mann«, schickte die ältere Dame voraus, wobei sie auf Butler Parker deutete. »Ich erwarte, daß Sie mir nicht mit billigen Ausflüchten kommen.«

      »Vor einigen Stunden hielten sich in diesem Club drei Personen männlichen Geschlechts auf, die über erstaunlich viel Geld verfügten«, schickte Parker gemessen voraus. »Einer der Männer war das, was man im Volksmund drastisch als sturzbetrunken zu bezeichnen pflegt. Er verließ seinen Club und wurde wenig später von den beiden anderen Männern quasi verfolgt.«

      »Wollen Sie das etwa abstreiten, junger Mann?« herrschte Mylady den Manager umgehend an.

      »Natürlich nicht, Mylady«, räumte der Manager ohne weiteres ein und nickte. »Ich war sogar froh, als die drei Männer endlich gegangen waren. Sie paßten einfach nicht in unseren Club.«

      »Der mit Sicherheit betrunkene Mann hat den Vornamen Ron«, redete der Butler weiter. »Sie werden Mylady sicher mit dem Nachnamen dienen können.«

      »Da muß ich bedauern, Mylady«, erklärte der Club-Manager. »Diese Männer waren vorher noch nie hier im Club. Da können Sie alle Angestellten fragen. Die werden Ihnen das bestätigen. Die drei Männer sind hier nicht bekannt.«

      »Falls sich herausstellen wird, daß Sie mich belogen haben, junger Mann, werden Sie was erleben«, kündigte die ältere Dame resolut an. »Eine Lady Simpson belügt man nicht.«

      »Ich habe ein gutes Gewissen, Mylady«, versicherte der Manager hastig.

      »Sie sahen einen der drei Männer später noch mal?« wollte der Butler wissen.

      »Wie meinen Sie das?« fragte der Club-Manager vorsichtig.

      »Könnte es möglich sein, daß er später in diesen Club zurückkehrte?«

      »Da bin ich ehrlich überfragt, ich bin ja nicht ununterbrochen hier vorn in den Räumen, ich habe auch in der Küche und im Büro zu tun.«

      »Nun, Mister Parker, was halte ich von dieser Aussage?« wollte Lady Agatha von ihrem Butler wissen.

      »Einer der beiden Männer, die dem Betrunkenen folgten, lief vor dem Eintreffen der Polizei zurück in den Club«, erinnerte der Butler. »Ein Irrtum ist ausgeschlossen.«

      »Dann habe ich das bestimmt nicht mitbekommen«, verteidigte der Club-Manager sich. »Aber ich könnte ja mal die Angestellten fragen. Hat dieser Mann etwas angestellt? Darf man darüber mehr wissen, Mylady?«

      »Er hat mich mit einem Messer bedroht und wollte mich umbringen«, erwiderte Agatha Simpson pauschal. »Dafür werde ich ihn zur Rechenschaft ziehen.«

      »Ich werde sofort meine Angestellten befragen, Mylady«, bot der Club-Manager an. »Wenn Sie sich vielleicht ein wenig gedulden wollen?«

      Die Detektivin nickte hoheitsvoll. Der Manager dienerte und verschwand hastig in Richtung Tresen. Als er hinter einer Tür verschwunden war, räusperte Mylady sich explosionsartig und blickte Parker leicht gereizt an.

      »Ich wette, Mister Parker«, sagte sie, »daß man mich nach Strich und Faden belogen hat.«

      »Falls Mylady erlauben, möchte meine Wenigkeit sich Myladys Betrachtungsweise anschließen«, erwiderte Josuah Parker. »Aus diesem Grund sollte man vielleicht dem Club-Manager folgen.«

      »Genau das hatte ich vor«, wurde sie sofort wieder unternehmungslustig. »Wahrscheinlich ist er gerade dabei, seine Angestellten zu vergattern, Mister Parker. Kommen Sie, ich fühle mich ausgezeichnet, und zwar im Gegensatz zu diesem angeblichen Champagner, der ausgesprochen scheußlich ist.«

      Sie stand auf und setzte ihre majestätische Fülle in Bewegung. Erfahrungsgemäß war sie jetzt nicht mehr zu stoppen.

      *

      »Das hier is’ privat«, sagte ein stämmiger Angestellter des Clubs, als Parker die bewußte Tür aufgedrückt hatte. Der Mann baute sich vor dem Butler auf und fühlte sich unüberwindbar.

      »Mylady und meine Wenigkeit sind in der Tat völlig privat hier«, antwortete der Butler gemessen und ... setzte ihm den bleigefüllten Griff seines Universal-Regenschirmes ohne jede Vorankündigung auf die Stirn.

      Dieser Begegnung war der Mann nicht gewachsen.

      Er verdrehte die Augen nach oben, senkte sie dann wieder und schielte Parker an. Anschließend wurden seine Knie weich.

      Der Stämmige rutschte haltlos in sich zusammen und scheuerte mit dem Rücken an der Wand des Korridors nach unten in Richtung Boden. Parker beobachtete interessiert diesen Weg in die totale Ruhelage.

      »Nicht unbegabt, Mister Parker«, konstatierte die ältere Dame und nickte wohlgefällig, »aber vielleicht hätten Sie doch ein wenig kräftiger zuschlagen sollen.«

      »Ein Rat, Mylady, den meine Wenigkeit sich zu Herzen nehmen wird«, gab der Butler zurück und stieg über den am Boden liegenden Stämmigen.

      Agatha Simpson folgte und marschierte energisch zu einer Tür, die am Ende des Korridors zu sehen war. Man hörte eine Stimme, die nachdrücklich und nervös zugleich klang. Sie gehörte eindeutig dem Club-Manager, wie Parker heraushörte.

      »... jetzt endlich begriffen?« fragte der Manager. »Ich werd’ deine Adresse nennen, Junge. Und wenn die beiden Typen dann aufkreuzen, laß die Falle zuschnappen und sorg dafür, daß sie für die nächsten Wochen in Gips liegen.«

      Parker und Mylady verharrten vor der angelehnten Tür und hörten weiter zu. Der Club-Manager schärfte seinem Gesprächspartner größte Vorsicht ein und nannte in diesem Zusammenhang die Namen der beiden Besucher, die er vorbeischicken wollte.

      »Schnapp

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