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Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Max Weber
Читать онлайн.Название Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen
Год выпуска 0
isbn 9788027212828
Автор произведения Max Weber
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Damit ist auch schon gesagt, daß die Bedeutung einer solchen Intellektuellenethik für die breiten Massen ihre Schranken haben mußte. Zunächst waren die lokalen und vor allem die sozialen Unterschiede der Bildung selbst enorme. Die traditionalistische und bis in die Neuzeit stark naturalwirtschaftliche Bedarfsdeckung, aufrechterhalten bei den ärmeren Völkskreisen durch eine nirgends in der Welt erreichte, an das Unglaubwürdige grenzende Virtuosität im Sparen (im konsumtiven Sinne des Worts), war nur möglich bei einer Lebenshaltung, welche jede innerliche Beziehung zu den Gentlemanidealen des Konfuzianismus ausschloß. Nur die Gesten und Formen des äußeren Sichverhaltens der Herrenschicht konnten hier, wie überall, Gegenstand allgemeiner Rezeption sein. Der entscheidende Einfluß der Bildungsschicht auf die Lebensführung der Massen hat sich aller Wahrscheinlichkeit nach vor allem durch einige negative Wirkungen vollzogen: die gänzliche Hemmung des Entstehens einer prophetischen Religiosität einerseits, die weitgehende Austilgung aller orgiastischen Bestandteile der animistischen Religiosität andererseits. Es muß als möglich gelten, daß dadurch wenigstens ein Teil jener Züge mitbedingt ist, welche man zuweilen als chinesische Rassenqualitäten anzusprechen pflegt. Vor allem die kühle Temperierung der konfuzianischen Sozialethik, dann ihre Ablehnung anderer als rein personaler – familialer, scholarer oder kameradschaftlicher – Bande spielten hier mit.
Die Wirkung der Erhaltung dieses Personalismus zeigt vor allem die Sozialethik. Es fehlte in China bis in die Gegenwart das Verpflichtungsgefühl gegenüber »sachlichen« Gemeinschaften, seien sie politischer oder ideeller oder welcher Natur immer[370]. Alle Sozialethik war hier lediglich eine Uebertragung organischer Pietätsbeziehungen auf andere, die ihnen gleichartig gedacht wurden. Die Pflichten innerhalb der fünf natürlichen sozialen Beziehungen: zum Herrn, Vater, Ehemann, ältern Bruder (einschließlich des Lehrers) und Freund enthielten den Inbegriff aller unbedingt bindenden Ethik. Der konfuzianische Grundsatz der Reziprozität, welcher allen außerhalb dieser Beziehungen liegenden natürlichen sachlichen Pflichten zugrunde liegt, enthielt keinerlei pathetisches Element in sich. Alle in der genuinen Sozialethik der Nachbarschaftsverbände überall bodenständigen Pflichten, so namentlich die überall als Zeichen vornehmer Lebensführung geltende, von allen heiligen Sängern gepriesene, von jeder religiösen Ethik rezipierte Gastfreiheits- und Wohltätigkeitspflicht der Besitzenden, hatten unter der Einwirkung der konfuzianischen Rationalisierung und Konventionalisierung der ganzen Lebensführung sehr stark formelhaften Charakter angenommen. So namentlich das »Praktizieren der Tugend« – wie der charakteristische übliche Ausdruck lautete – in Gestalt der Gastlichkeit für Arme am 8. Tage des 12. Monats. Das Almosen – das urwüchsige Kerngebot aller ethischen Religiosität – war ein traditioneller Tribut geworden, dessen Verweigerung gefährlich war. Die christliche Bedeutsamkeit des Almosens hatte dazu geführt, die »Armen«, da ihre Existenz für das Seelenheil der Reichen notwendig war, als einen gottverordneten »Stand« innerhalb der christlichen Gemeinschaft anzusehen. In China hatten sie sich in gut organisierten Gilden zusammengeschlossen, die zu prinzipiellen Feinden zu haben niemand leicht wagte. Daß im übrigen Hilfsbereitschaft dem »Nächsten« gegenüber im allgemeinen nur erwartet wurde, wo ein konkreter persönlicher oder sachlicher Anlaß dazu vorhanden war, dürfte nicht nur in China das Normale sein und nur der Landeskenner kann beurteilen, ob tatsächlich, wie gesagt wird, hier ausgeprägter als anderwärts. Da der Volksreligiosität hier noch, wie der magischen Religiosität ursprünglich überall, dauernde leibliche Gebrechen als Folgen irgendeiner rituellen Sünde galten und das Gegengewicht religiöser Mitleidsmotive fehlte, so mag es, so sehr die Ethik (Mencius) den sozialen Wert des Mitleids rühmte, recht wohl sein, daß diese Empfindung nicht eben sehr entwickelt wurde. Jedenfalls nicht auf dem Boden des Konfuzianismus. Selbst die (heterodoxen) Vertreter der Feindesliebe (z.B. Mo ti) begründeten diese wesentlich utilitarisch. –
Die heiligen persönlichen Pflichten der Sozialethik konnten nun untereinander in Konflikt geraten. Dann mußten sie eben relativiert werden. Zwangsteilungen von Familien- und fiskalischen Interessen, Selbstmorde und Weigerungen von Vätern, ihre Söhne
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Bei Religionsgesprächen zwischen Konfuzianern und Buddhisten pflegte die buddhistische Karman-Theodizee besonders nachdrücklich abgelehnt zu werden: Nicht Folge früherer Taten sei die soziale Lage eines Menschen, sondern des Schicksals, welches auch von den Blättern der Bäume die einer auf Teppiche, die andern in den Schmutz wirble.
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Wie leicht freilich dieser Namensstolz auch hier in die nackte Sehnsucht zu leben, einfach um zu leben, umschlagen konnte, zeigt das kürzlich erwähnte Schildkrötengleichnis, dessen Urheber zwar kein reiner Konfuzianer war, aber den Konfuzius mit hoher Verehrung zitiert. Aber nicht dies, sondern die Briefe Se Ma Tsien's und die Denkschriften der Zensoren an die Kaiserin Tsu Hsi, die oben zitiert sind, geben die
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Ueber die einen guten Typus für die Wirkung darstellende »chinesische Kreditvereinigung« (die den, mit entsprechenden Zusätzen, auch für alle Klubs üblichen Namen hwui führt) kommt mir in letzter Stunde die recht gute, von Herkner, Bertkiewicz und Eberstadt beeinflußte Berliner Dissertation von Wu