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gegangen ist.“

      „Das Filmmaterial sagt uns, dass sie das Gebäude nicht verlassen haben kann.“

      Stefani fühlte sich bestätigt, dass sich da in der Tat etwas Dramatisches anbahnen könnte, was wert war, intensiv verfolgt zu werden. Andererseits bezweifelte er, dass die Polizei die Videobänder penibel genug überprüft hatte: „Haben Sie die Videos noch?“

      „Ja, die Staatskanzlei bestand zwar auf einer raschen Rückgabe, aber ich habe mir die etwas veralteten Videobänder auf eine CD kopiert.“

      „Wenn es Ihnen Recht ist, dann komme ich gleich morgen mal vorbei, und wir schauen uns die Aufzeichnungen zusammen an. Ich kenne die Mitarbeiter und deren Gewohnheiten. Vielleicht fällt mir etwas auf, was Ihnen bisher entgangen ist.“

      Sie verabredeten sich für 10 Uhr am Eingang zur Polizeidirektion in der Andreasstraße. Stefani gefiel diese gradlinige Kommissarin, und sie vermittelte ihm das Gefühl, gebraucht zu werden. So motiviert konnte er zur Höchstform auflaufen.

      Auf dem Parkplatz am Werra-Ufer verabschiedeten sie sich. Lea Rose übernachtete bei ihren Eltern in Schleusingen. Stefani fuhr zurück nach Erfurt. Trotz der späten Stunde ließ er sich Zeit und fuhr nicht durch den neuen Rennsteigtunnel, sondern nahm, wie in früheren Zeiten, die Bundesstraße durch Zella-Mehlis und über den Kamm des Thüringer Waldes bei Oberhof. Er liebte diese Strecke, vor allem bei Nacht. Die klare Luft ließ die Sterne besonders nahe erscheinen. Hier hatte er auch den riesigen Kometen Hale Bopp Anfang 1997 entdeckt; schon etliche Tage, bevor die Zeitungen über ihn zu schreiben begannen.

      Tamara als Opfer eines Verbrechens? Oder gar Selbstmord? Irgendwie passte so etwas überhaupt nicht zu ihr, obwohl Stefani immer schon gefühlt hatte, dass sie ein Geheimnis mit sich herumtrug. Gleich nach der Wende war dies noch deutlicher als heute. Stefani hätte auf eine Stasi Verbindung getippt, aber offensichtlich hatte sie die Gauck-Überprüfung schadlos überstanden.

      Obwohl – Stefani hatte sich in der ersten Nachwendephase fast immer auf sein Gespür verlassen können, das ihm recht zuverlässig sagte, wann er einen Stasi-Belasteten vor sich hatte. Bei Männern war er ein wenig unsicher, aber bei Frauen stimmte normalerweise sein erster Eindruck. Meist war es der Blick, der sein Interesse weckte: Leer, enttäuscht, niedergedrückt. Ein Blick, der ihm erstmals 1989 bei den ausgesprochen hübschen Kellnerinnen im Cafe des Schloss Sanssouci aufgefallen war. Aber er fand diesen Blick auch bei jenen einst von der guten Sache des Sozialismus allzu überzeugten Protagonistinnen, die gesellschaftlich eine gewisse Rolle gespielt hatten, gleichgültig, ob er ihnen nun im Theater begegnete oder im Kaufhaus oder an ihrer Noch-Arbeitsstätte. Die gerade Haltung des Körpers, der stolze, oft leicht arrogante Gesichtsausdruck passte nicht mehr zur inneren Hoffnungslosigkeit.

      „Nein, Tamaras Verschwinden muss eine ganz andere Ursache haben,“ murmelte er, während er die letzte Zigarette im überfüllten Aschenbescher seines leidgeprüften uralten Polo ausdrückte und den Wagen auf dem kleinen Parkplatz vor der Staatskanzlei abstellte.

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