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Waren Sie seine Geliebte oder Lebensabschnittsgefährtin, wie man das heute so nennt?

      - Ich war seine Sekretärin.

      - Sonst nichts?

      - Wir waren inoffiziell verlobt.

      - Wann wollten Sie heiraten?

      - Er hatte mir versprochen, mich zu heiraten, sobald seine Ehe geschieden sei.

      - Und das ist sie bisher noch nicht, wie ich vermute.

      - Ja, das stimmt.

      In diesem Augenblick hielt ein Polizeiwagen vor dem Grundstück. Ein paar Herren läuteten an dem Gartentor. Frau Reinhold öffnete das Tor, der Wagen fuhr die mit weißem Kies belegte Auffahrt bis vor die Haustür.

      - Ich kenne die Herren, sagte der Kommissar, es sind Beamte von der Spurensicherung.

      - Kurze Begrüßung: Meine Herren, treten Sie ein. Frau Reinhold wies ihnen den Weg zur Terrasse.

      - Ich denke, wir lassen die Herren ihre Arbeit machen, es sind Profis ihres Faches, sagte der Kommissar. Wir können ihnen nicht helfen, wahrscheinlich würden wir sie nur bei ihrer Arbeit stören. So setzten sie sich wieder in den Salon.

      - Erzählen Sie mal etwas von sich, woher Sie Herrn Schwarzer kennen und von Ihrer Arbeit. Was genau waren Ihre Aufgaben?

      - Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Ich habe Herrn Schwarzer vor etwa zwei Jahren in Hamburg kennengelernt, wo ich in einem Kabarett als Tänzerin arbeitete. Degenhardt zog die Augenbrauen hoch, was nicht unbemerkt blieb. Nein, nicht so, wie Sie vielleicht denken. Es war ein seriöses Lokal. Der Alsterpavillon. Nach der Vorstellung nahm ich mit meinen Kolleginnen noch einen Drink, wie wir es oft tun. Ich dachte, der große Herr mit den schwarzen Haaren würde auf mich warten, was er aber nicht tat.

      - Da waren Sie enttäuscht?

      - Ja, ein bisschen.

      - Und dann, wie ging es weiter?

      - Eines Tages sah ich den Herrn mit den schwarzen Haaren erneut unter den Zuschauern, er nickte mir wohlwollend zu. Das freute mich. Ich gab mir bei der Vorstellung große Mühe. Als ich die Bühne verließ, klatschte er besonders heftig. Das gefiel mir, denn schließlich sind wir Künstler auf den Applaus der Gäste angewiesen.

      - Keine Frage, und was geschah dann?

      - Nach der Vorstellung wartete er vor dem Lokal in einem Taxi mit einem kleinen Blumenstrauß in der Hand. Er fragte mich, ob er mich zu einem Drink einladen könne. Es schmeichelte mir, zumal er wirklich gut aussah, eine stattliche Erscheinung, wie man wohl sagt.

      - Ja, so sagt man. Und dann?

      - Er bat mich einzusteigen und fuhr zum Hotel Atlantik, wo er wohnte.

      - Wir haben in der Bar ein paar Glas Wein in getrunken. Dort war ich noch nie gewesen, hatte aber immer davon geträumt, in so einem feinen Schuppen mal aufzutreten oder vielleicht sogar zu übernachten. Aber das war damals vollkommen außerhalb meiner Möglichkeiten.

      - Dann haben Sie die Nacht bei ihm verbracht und mit ihm geschlafen?

      - Nicht die erste Nacht. Er hatte zu viel getrunken und schlief sofort ein.

      - Am nächsten Morgen haben wir reichlich gefrühstückt, und er lud mich nach Bremen ein. Er wollte mir seine Heimatstadt zeigen. Er meinte, er könne mir vielleicht ein Engagement im Astoria vermitteln. Das reizte mich.

      - Und, haben Sie das Engagement bekommen?

      - Nein. Sie hätten zu der Zeit keine freie Stelle, wurde mir gesagt. Ich war natürlich sehr enttäuscht und habe geweint. Er nahm mich in den Arm, tröstete mich und schlug mir vor, seine Sekretärin zu werden, dann bräuchte ich nie mehr in halbseidenen Lokalen als Tänzerin aufzutreten.

      - Das Angebot haben Sie angenommen?

      - Natürlich, wer hätte das in meiner Situation nicht getan? Ich brauchte das Geld zum Leben und hatte nicht viel gespart. Er mietete ein Zimmer für mich in einer kleinen Pension und hat mir dann eine Wohnung in Horn besorgt, sie lag in seiner Nähe.

      - Er hat Sie oft besucht?

      - Ja, wir haben uns sehr nahegestanden. Manchmal hat er bei mir übernachtet wenn er offiziell auf Reisen war. Gelegentlich hat er mich auch auf eine seiner vielen Geschäftsreisen mitgenommen. Er brauchte mich als seine rechte Hand. Ich führte seinen Terminkalender undwar für die Planung seiner Termine verantwortlich. Er hatte neben dem Job als Inhaber seiner Firma viele ehrenamtliche Aufgaben, die alle zeitlich koordiniert werden mussten.

      - Dafür waren Sie zuständig?

      - Ja, er vertraute mir in allen persönlichen Angelegenheiten.

      In diesem Augenblick kamen die Herren von der Spusi herein und baten, sich verabschieden zu dürfen. Hier sei für sie nichts mehr zu tun. Sie hätten eine Pistole und zwei Patronenhülsen im Wasser gefunden. Den Leichnam hätten sie aus dem Wasser gezogen und in einen Metallsarg gelegt, um ihn im forensischen Institut untersuchen zu lassen. Ebenso wie die Pistole und die Patronenhülsen.

      - In Ordnung. Wir sprechen uns später. Haben Sie sonst im Garten irgendwelche Fußspuren gefunden oder sonst noch etwas Auffälliges bemerkt?

      - Nein, nichts.

      Als die Herren das Grundstück verlassen hatten, tranken die beiden noch den restlichen Tee.

      - Hat Frau Schwarzer eigentlich nie etwas von Ihrer Beziehung zu ihrem Mann bemerkt?

      - Ich weiß es nicht genau. Vielleicht, kann sein kann oder auch nicht sein. Sie ist ziemlich naiv. Man könnte sie auch als dumm bezeichnen. Ich habe selbst nie mit ihr irgendein persönliches Wort gewechselt. Dazu war auch keine Gelegenheit. Sie ging mir immer aus dem Weg. Man könnte sagen, sie hat mich geschnitten. Und ich legte auch keinen gesteigerten Wert auf ihre Bekanntschaft.

      - Wie war das Verhältnis zwischen den Eheleuten?

      - Distanziert. Er hat sie zu offiziellen gesellschaftlichen Anlässen nie mitgenommen, jedenfalls nicht zu meiner Zeit. Früher soll das anders gewesen sein, da hat er sie angeblich sehr hofiert und alles für sie getan, sie gleichsam auf Händen getragen. Einige seiner Freunde fanden das etwas aufgesetzt oder übertrieben, denn er soll ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen haben, wenn sie mal einen Ausflug mit Freunden unternahmen. Dann legte er jede Stunde eine Pause ein, weil sie etwas essen wollte. Mal war es ein Stück Kuchen oder ein belegtes Brötchen, manchmal auch eine Bratwurst. Er war sehr besorgt um sie und fütterte sie wie ein Kind. Alle wunderten sich, weil sie immer dicker wurde. Aber es hat ihn offenbar nicht gestört, jedenfalls hat er es sich nicht anmerken lassen. Manchmal hatte ich den Eindruck, als ob die beiden Theater spielten.

      - Aber dann hat er sich doch von ihr getrennt?

      - Ja, offenbar konnte er ihre Nähe irgendwann nicht mehr ertragen. Sie war nämlich sehr indiskret und plauderte alles aus, was sie erfuhr. Am meisten interessierte sie sich für intime Beziehungen seiner engsten Mitarbeiter, da wollte sie alles ganz genau wissen. Wohl auch deshalb wollte er sich von ihr scheiden lassen, und anschließend wollte er mich heiraten, hat er mir jedenfalls versprochen. Ich weiß nicht, ob er das wirklich getan hätte, denn schließlich stammte ich nicht aus einer angesehenen Bremer Familie, wie er es sich wohl erträumt hatte.

      - Wir werden es nicht mehr erfahren. Jedenfalls waren Sie sehr enttäuscht, nehme ich an.

      - Ja, sein Tod ist ganz schrecklich für mich, denn nun liegt meine Zukunft in Trümmern. Ich weiß überhaupt nicht, was ich machen soll. Wenn ich den Job verliere, dann kann ich meine Wohnung nicht mehr bezahlen und weiß nicht wohin ich gehen soll.

      - Das Leben geht irgendwie weiter, versuchte er sie zu beruhigen. Sie sind jung und attraktiv, deswegen wird sich bestimmt für Sie etwas Passendes ergeben. Sie dürfen den Mut nicht verlieren, müssen an sich glauben.

      - Das sagt sich so leicht. In jedem Fall möchte wissen, ob er Selbstmord begangen hat oder ob er ermordet wurde.

      -

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