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ich mach besser die Vorhänge zu.“

      Kapitel 9

      Was kann es Schöneres geben als Rosenmontag auf dem Polizeirevier, noch dazu in einer der Metropolen des organisierten Frohsinns in der Eifel. Wittlich, sonst eher ein ruhiges beschauliches Städtchen in der rheinischen Provinz, schien förmlich wie ein Bienenstock zu brummen. Jecken überall. Im absoluten Gegensatz zu diesem närrischen Treiben herrschte auf der Dienststelle eine sonderbar sachliche Stimmung. Ein Karnevalist würde nach einem Blick in die Amtsstube zu dem Urteil gelangen, dass sich bei dieser Narrenschar alle als Polizisten verkleidet hätten. Dies sei aber eher langweilig.. An Fastnacht jedem Narr sei Kapp. Helau.

      Joseph meldete sich erst am Nachmittag zum Dienst. Mit Mühe schaffte er es durch die Eingangstür. In den Händen balancierte er eine große Pappschachtel. Es gab halt jede Menge netter Kollegen, die seinen umständlichen Versuch, elegant die Zugangspforte zu passieren, wohlwollend beobachteten. Auf die Idee ihrem Mitstreiter hilfsbereit entgegen zu eilen, wäre allerdings keiner der Anwesenden gekommen. Die ganze Aktion sah aber auch zu komisch aus. Fast schon ein Sketsch, den ihr Pfälzer Import da hinlegte. Großartig. Passend zum heutigen Rosenmontag. Gehörte doch sicher zur Show.

      „Kollegen, uffbasse, heit is doch Fastnacht und da hab ich mir gedenkt, ich könnt doch moin Einstand feiern. Also wenn ihr wollt, hinne im Gemeinschaftskabuff do sin Kräppel für alle. Ich weiß aber net, wie ihr in Wittlich dazu sagt, aber schmecke wärn se eich trotzdem.“

      Freundlicher Jubel brandete auf. Sogar die zur Vernehmung vorläufig Festgenommenen beteiligten sich in der Hoffnung, sie seien auch mit der Einladung zum Kaffee gemeint, klatschten begeistert. Aber so war das nicht gedacht. Der Service auf einer Polizeistation hatte gewisse Grenzen. Nach dem Mittagessen kam so ein zweiter Nachtisch gerade recht.

      Was die Ermittlungsergebnisse von Joseph auf seinem Außenposten betraf waren die Kollegen eher skeptisch. Nun ja, so wurde der Mitarbeiter aus Ludwigshafen halt beschäftigt. Bevor er sie hier vor Ort von der Arbeit abhielt, sollte er doch den verdeckten Ermittler spielen. Schaden konnte es nicht. Unweigerlich gelangte die kleine Feiergesellschaft zum allseits beliebten Nummernschildraten. LU für Ludwigshafen regte die Geister an.

      Der Vorschlag LU- FT … wurde vom Spitzenplatz der internen Hitparade durch das eindeutig bessere LU- MP … verdrängt. Als dann sogar die Kombination LU- ST … in die Runde geworfen wurde, veränderte sich die Rangfolge erneut. Hilde Brand hielt ihre Kaffeetasse in der Hand und wunderte sich über die spontane Begeisterung ihrer Mitarbeiter.Dann kam auch ihr eine Idee.

      „Wenn das Kennzeichen MA-US … lautet, dann würde ich freiwillig nach Karlsruhe umziehen.“

      Polizeimeister Lukas Bauer stutzte und überlegte einen Augenblick. Die Falten auf seiner Stirn schienen zumindest auf eine angeregte Hirntätigkeit hinzudeuten. „Versteh ich jetzt aber nicht!“. Hilde Brand löste die Unwissenheit gekonnt auf.

      „Überlegen sie doch einmal Kollege Bauer.Was passt den zu MA-US? Karlsruhe gleich KA und wenn noch die Buchstaben TZ dazu kommen. Dann ist es doch, nicht mehr so schwer.“

      .„Ha, jetzt hab ich das kapiert. Katz und Maus, logisch Chefin, alles klar.“

      Von der Telefonzentrale kam der Ruf wonach Kommissar Reuter dringend von der Funkstreife in der Hauptstraße wegen einer eiligen Kennzeichenüberprüfung verlangt werde.Der Dienstbetrieb holte die Anwesenden wieder ein.

      „Entschuldigt Kollegen, bin gleich wieder da.“

      „Moment, ja, hab ich notiert. Ich wiederhole

      DO für Dortmund

      OF 240

      Hab ich gleich.“

      Aus dem hinteren Raum des Reviers verfolgten die Anwesenden gebannt das Geschehen. Keiner sagte ein Wort. Dann polterte Reuter los

      „selber doof, verarschen kann ich mich selbst.“

      In der kleinen Teeküche drückte sich Joseph Wolf an die Spüle und ließ heißes Wasser ins Becken laufen. Achtsam begann er die Sektgläser vom Tablett zu nehmen. Maria Meister bot sich an ihm behilflich zu sein.

      „Ich wollte mich bei ihnen, Frau Meister, noch bedanken, dass sie mir bei meinem Einstand mit der Kaffeemaschine behilflich gewesen sind. Das war ganz toll von ihnen, den mit dem modernen Automaten komme ich nicht klar. Wahrscheinlich würden die Kollegen noch heute auf ihren Kaffee warten, bei meinem technischen Verständnis.“

      Maria Meister wiegelte verlegen ab.

      Joseph tat beschäftigt, stellte eines der abgetrockneten Sektgläser vor sich auf den kleinen Tisch. So überspielte er die sich auf seinen Wangen ausbreitende Röte. Peinlich, wie ein Pennäler, der noch rot im Gesicht wurde.

      „Wir sind hier auf dem Revier ja alle per Du. Vielleicht sollten wir das auch so halten.“ Maria Meister füllte den Rest aus einer der auf dem Buffet stehenden Sektflaschen in zwei Gläser und hielt Joseph eines davon hin.

      „Maria“ hauchte sie und sah ihrem Gegenüber direkt in die Augen.

      „Joseph“

      Sie tranken den kleinen Schluck. Die Arme unter gehakt, wie üblich. Zum Trinken auf Brüderschaft gehörte noch ein Küsschen dazu. Joseph zögerte einen kurzen Moment. Maria ergriff die Initiative und hielt ihm ihre linke Wange hin. Dann drehte sie ihrem Kopf ein wenig zur Seite. Joseph folgte. Maria überrumpelte ihn. Wie von ihr gewollt trafen sich ihre Lippen zu einem ersten zaghaften Kuss. Joseph wusste nicht wie ihm geschah. Benommen von diesem unerwarteten Ereignis ließ er sich treiben. Er spürte, wie sich Maria mit ihrem Körper an den seinen schmiegte. Ihre Brüste fühlten sich weich und gut an.

      Maria fand als Erste heraus aus der Erstarrung des Augenblicks. Sie lächelte, griff wie beiläufig nach dem neben ihr auf dem Tisch liegenden Geschirrtuch. Mit der anderen Hand schnappte sie sich eines der zum Abtropfen auf der Spüle aufgereihten Sektgläser.

      Kapitel 10

      Helene Müller lebte seit dem Tod ihres Mannes allein in dem großen Winzerhaus. Die Kinder hielt nach dem Studium nichts in Kesten, sie zog es hinaus in die weite Welt. Was sollten sie auch in dem Kaff? Kein Bäcker, kein Metzger, von einem Supermarkt ganz zu schweigen. Die Infrastruktur beschränkte sich auf die Dorfkneipe. Das was es dann auch schon. Helene hatte keine finanziellen Sorgen Dafür hatte ihr Mann zu Lebzeiten gesorgt. Aber im Alter was nützte das Geld auf dem Bankkonto. Die Einsamkeit konnte sie nicht wegreden. Seit Tagen plagten die Witwe Schmerzen im rechten Knie. Arthrose, lapidar klang die Diagnose des jungen Spundes von einem Facharzt der Orthopädie. Heilungschancen gering, eher ausgeschlossen. Sie könne froh sein, wenn sich ihr Zustand nicht verschlechterte. Welch ein Trost.

      An den schmerzhaften Folgen eines Sturzes vor einigen Wochen litt sie noch immer. Gegen die blauen Flecke der Prellung half nur das Einschmieren mit Salbe und viel Geduld. In der Küchenschublade fand sich zum Glück eine angebrochene Tube Schmerzgel. Ihre Teilnahme am Seniorensport im Dorfgemeinschaftshaus, immer mittwochs, musste für eine Weile ausfallen.

      Die ersten Tage nach dem Hinfallen sind immer die schlimmsten. Bei jeder Bewegung merkte Helene wo es weh tat. Also gab es nur eins. Sie telefonierte mit dem medizinischen Dienst und klagte ihr Leid. Schließlich musste die private Krankenversicherung Vorteile mit sich bringen. Zahlungskräftige Kundschaft durfte sich einer gewissen Vorzugsbehandlung erfreuen. Eine Pflegekraft werde sich noch am Vormittag bei ihr melden und alles Nötige in ihrem Sinne erledigen. Geht doch!

      Die Aussicht auf Hilfe beflügelte die alte Dame. Flugs erhob sie sich vom Fernsehsofa und humpelte trotz heftiger Schmerzen in die Küche. Dort suchte sie nach einem Zettel und einem Schreibstift um mitzuteilen, sie befände sich im Wohnzimmer und die Haustür sei offen.

      So lernte sie Erich Deutschmann kennen. Der junge Mann stand plötzlich

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