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somit nicht mehr im Ortsgeschehen präsent.

      Die Gespräche wurden nach kurzer Pause wieder aufgenommen. Das Thema hatte sich aber geändert. Joseph verstand von seinem Platz aus nicht alles. Der moselfränkische Dialekt erschwerte ihm zudem den Unterhaltungen an der Theke zu folgen.

      Kapitel 5

      Die Ausbeute seiner ersten Erkundung im Milieu des kleinen Winzerdorfes Kesten fiel bescheiden aus, genauer gesagt, es gab nichts was über den üblichen Kneipendudel hinausging. Joseph Wolf machte sich da keinerlei Hoffnungen. Sein Auftrag lautete Augen und Ohren offenhalten. Nicht mehr aber auch nicht weniger. In seiner für die Jahreszeit zu dünnen Jacke stand Joseph im Windfang der Kneipentür. Er zog den Reißverschluss hoch bis unters Kinn. Seine Mütze lag im Auto, hätte er besser mitgenommen. Wäre bei den frostigen Temperaturen nicht schlecht. Darüber Nachsinnen brachte aber nichts.

      Sein Rundgang dauerte nur wenige Minuten, dann hatte er von der Kälte genug. Schnatternd wie ein Schneider begnügte er sich bei seiner ersten Stippvisite damit, quer über die Straße bis hin zum am Parkplatz aufgestellten Hinweisschild zu marschieren. Mit dem Zeigefinger bohrte er ein imaginäres Loch in die Anzeigetafel. Schnell vermochte er seinen Standort zu lokalisiert. Die an den Seiten der Schautafel aufgedruckten Hinweise auf das touristische Sommerangebot brachten ihn nicht wirklich weiter. Weingüter offerierten Weinproben. Die Gastwirtschaft aus der er kam pries ihren Mittagstisch an. Ferienwohnungen boten günstige Übernachtungsmöglichkeiten für die ganze Familie an. Vergeblich suchte Joseph nach der Werbung für eine weitere Gaststätte. Nur ein Weinausschank, dessen Öffnungszeiten sich auf die Zeit von Frühjahr bis zum Herbst beschränkten.

      Also nichts wie zurück in die Pension. Dort konnte er sich aufwärmen. Auf schnellstem Wege eilte Joseph in wenigen Minuten bis zum Eingangstor seiner Herberge. Im zweiten Stock befand sich sein Zimmer. Nummer 21. Bett, Schrank und im Raum eine integrierte Duschkabine für 35 Euro die Nacht. Frühstück ging extra, allerdings nur nach Voranmeldung. Der altersschwache Fernseher stammte aus einer anderen Zeit.

      Die Heizung blubberte, zischte ab und an, funktionierte aber tadellos. Schon nach einigen Minuten breitete sich wohlige Wärme im Raum aus. Der Fernseher stand in der Ecke auf einer geschmacklosen Kommode, deren Alter sich nur erahnen ließ. Frühbarock, späte Neuzeit oder egal, mit Möbeln kannte sich Wolf nicht aus. Um sich schnell aufzuwärmen stellte sich Joseph unter die Dusche. Ausgiebig ließ er das warme Wasser über seinen Körper rinnen. Das tat ihm gut. Aufgewärmt sah die Sache seiner inkognito Observation schon anders aus.

      Vor seinem geistigen Auge rekapitulierte er den Ablauf des Abends. Die wichtigste Erkenntnis bezog sich auf die Öffnungszeiten der Dorfwirtschaft. Montag bis einschließlich Mittwoch blieb die Bude geschlossen. Die übrigen Tage ab 17 Uhr geöffnet. Die kesse Bedienung Lilli entpuppte sich als Tochter der Wirtsleute, die hinter dem Tresen aushalf. Von Lilli erfuhr er, dass am Donnerstagabend die Frauen vom Turnverein ihre Gymnastikstunde im Nebenzimmer ausklingen ließen. Erst kamen gegen 19 Uhr die älteren Semester. Später dann die Jüngeren. Der vereinsinterne Schnittpunkt für die Zugehörigkeit zu einer der Gruppen lag bei sechzig Lebensjahren.

      In seinem Bauch wetteiferte ein deutliches Knurren mit der Lautstärke des altersschwachen TV-Gerätes. Joseph verspürte Hunger und ärgerte sich, weil er in der Wirtschaft nicht nachgefragt hatte, ob es etwas zu essen gäbe. Jetzt war es zu spät dafür. Auch hatte er keine Lust sich nochmals anzuziehen und erneut in die Kneipe zu gehen. Das wäre bei dem schwachen Besuch an diesem Abend zu auffällig gewesen. Also beschloss Joseph mangels besserer Alternative den Hunger zu ignorieren. So ein Fastenabend würde seinem Bauchansatz gut tun.

      Die Tagesschau langweilte Joseph, der sich im Bett bequem ausstreckte. Die Bundesliga das Einzige was ihn interessierte. Also wollte er sich einmal richtig ausschlafen. Viel anderes blieb ihm hier an einem kalten Januarabend eh nicht übrig.

      Nach einigen Minuten schlug Joseph die Bettdecke zurück und tastete nach dem Lichtschalter der Nachttischlampe. Die schwache Funzel, mit einer maximal 25 Watt Glühbirne, verbreitete ein schummriges diffuses Licht. Joseph zog die Verdunklungsgardine zur Seite und öffnete einen Teil des Fensters. Die Heizung bollerte in Bestform. Im kleinen Raum staute sich die überhitzte Luft.

      Joseph legte sich nach einigen Minuten wieder hin. Es dauerte bis er die richtige Schlafposition im Bett fand. Mehrmals wälzte er sich von einer Seite auf die andere. Schäfchen zählen bis ihm die Augen vor Müdigkeit zufielen das war nicht sein Ding. Er versuchte es damit sich die Mannschaften der Fußball-Bundesliga aufzusagen. Nicht so einfach wie gedacht. Auf mehr als 16 Vereine schaffte er es auch beim zweiten Versuch nicht. Nochmal von vorn.

      Hamburg, Bremen ….. ja, Wolfsburg und Berlin gehörten noch dazu.. Geht doch.

      Kapitel 6

      Joseph Wolf stand in der Tür, als ihn einer der Beamten zu sich an den Schreibtisch beorderte. Mit der freien Hand winkte er ihn zu sich. Er telefonierte mit dem zwischen Ohr und Schulter eingeklemmten Handy und versuchte dabei Notizen auf den Schreibblock vor sich festzuhalten. Ein akrobatisches Unterfangen.

      „Herr Wolf, hier ist etwas reingekommen, was ihren Einsatzort betrifft. Können Sie sich ja bei Gelegenheit einmal ansehen. Keine große Sache. Anzeige wegen Trickdiebstahl, Aufklärungsquote nahezu bei Null. Hier die Akte.“

      Sein zweites Wochenende auf der Suche nach dem Nichts. Im Gemeindehaus avancierte der traditionelle Närrische Kappenabend zum Höhepunkt der Fastnachtskampagne. Die bunten Plakate, mehrfach im Ort platziert, rührten die Werbetrommel für dieses einzigartige Spektakel. Wo sich viele Menschen gesellig treffen, da wurde auch geredet. Davon ging er aus.

      Eine Verkleidung musste schon sein. Sonst war es ja langweilig zu einem Kostümball zu gehen. Für Joseph Wolf durfte es da schon etwas kostspieliger ausfallen, er wollte Eindruck schinden, nicht so Null-acht-fuffzehn, rote Pappnase und Strohhut. Fertig.

      Nein, das wäre langweilig und kam für ihn nicht in Betracht. Nach einigem Suchen entschied er sich für Napoleon, den Kaiser der Korsen. Im Spiegel betrachtete er seine verwandelte Erscheinung. Die Inhaberin der Kostüm-Manufaktur Breitschneider lobte seine schlanke Statur über den Klee, die perfekt zur Galauniform des französischen Imperators passte. Beide mussten herzhaft lachen, als Frau Breitschneider allen Ernstes erklärte „der Napoleon wäre Stolz auf sie gewesen, Herr Wolf.“

      Das Kostüm passte perfekt wie angegossen. Jetzt noch der Hut und die Verwandlung vom biederen deutschen Kriminalkommissar zum Kaiser der Franzosen war perfekt. Kleider machen eben doch Leute.

      Im vollem Pomp und Ornat betrat der pfälzische Napoleon den Vorraum des Gemeindehauses. An der Kassenbarriere entrichtete er seinen Obolus von drei Euro, ermäßigt, weil er Kostüm trug. Der närrisch geschmückte große Saal schien bereits gut besetzt. An den längs zur Bühne aufgebauten Tischen gab es nur noch im hinteren Bereich einige unbesetzte Stühle. Die herunter gedimmte Beleuchtung hüllte die anwesende Narrenschar in gedämpfte Farben. Lichtreflexe huschten über die Besucher hinweg..

      Joseph steuerte auf einen Tisch in Nähe des Ausgangs zu. Höflich erkundigte er sich, ob noch ein Stuhl für ihn frei sei. Die Stimmung am Tisch schien bereits ausgelassen, zwei leere Weinflaschen gaben darüber Auskunft. Als die Bedienung Nachschub brachte, nutzte er die Gelegenheit für sich eine Flasche Riesling zu ordern. Nach einem kurzen Blick auf die Weinkarte wandte sich Joseph an den ihm gegenüber sitzenden Mann im Cowboykostüm mit der Frage, ob er ihm einen Wein empfehlen könne.

      „Hier probieren sie, das ist ein Paulinshofberg, Spätlese, edel und gehaltvoll, da können sie den ganzen Abend davon trinken, da merken sie am nächsten Morgen nichts.“ Ehe er sich versah stand schon ein Glas vor ihm und der Mann mit dem Sheriffstern auf der Brust schenke ihm einen Schluck zur Probe ein.

      „Hans, gib doch nicht so an“ flötete die rot geschminkte Indianergattin. „Du musst nicht immer deinen eigenen Wein über alle Maßen loben. Das ist doch kein Weinkunde.“ Der so zurecht gewiesene Winzer lachte laut auf,

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