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und Jünger der Zauberei. An der Schule von Cordoba lehrten zwei Professores der Astrologie, drei der Nekromantie, Pyromantie und Geomantie und einer der Ars Notoria. Sie lehrten Muslime, Juden und Christen ohne Unterschied. Sie alle hielten tägliche Vorlesungen und er –Pedro Muñoz – hatte sich in seiner Jugend nicht zurückgehalten, seinen Durst nach verbotenen Kenntnissen am Busen der Schlange selbst zu stillen.

      Dann brach der Erzbischof in schallendes Gelächter aus und erzählte weiter: Die dummen Sarazenen gestatteten nicht nur jedem diese wunderbare schwarze Schule zu besuchen und dort wahre Meisterschaft zu erlangen...und das obwohl auch bei den Mauren die Zauberei mit dem Tode bestraft wurde. Sie gestatteten es auch, dass all ihre schwarzen Bücher ohne Unterschied von den Übersetzern der Schule von Toledo in die lateinische Sprache und in die Vulgata übersetzt wurden, damit auch wirklich jedermann sie lesen und benutzen konnte.

      Der Erzbischof war so stolz auf sich und seine Schlauheit, dass er es nicht einmal bemerkte, wie die kleine Gruppe der überlebender Santiago-Ritter das Zelt ihres Großmeisters König Alfonso VIII. verließen, um draußen im Schutz der Sterne und des zunehmenden Mondes mit ihrem Blut und auf ihr Leben einen heiligen Eid zu schwören.

      Was diese Ritter am Tag von Navas de Tolosa gesehen hatten, hatte nicht nur ihren christlichen Glauben in seinen Grundfesten erschüttert, sondern auch den Respekt für ihren Großmeister Alfonso von Kastilien und die anderen sogenannten christlichen Könige zerstört, die bewiesen hatten, dass sie um den Preis eines Sieges sogar ohne zu zögern mit den Mächten der Hölle paktierten. Es hatte ihnen vor allem auch gezeigt, wie gefährlich es war, gewisse Dinge vollkommen skrupellos unter den Menschen zu verbreiten, nur weil der Zeitgeist es gerade gestattete.

      Sie beschlossen darum, mit denen, die sie vor dem Grauen von Navas de Tolosa noch bereitwillig und ohne zu Zögern alleine wegen ihres Glaubens totgeschlagen hätten in Verbindung zu treten und anstelle des Kampfes suchten die überlebenden Santiago-Ritter nun einen vorsichtigen Austausch. Doch umso mehr sie von den geheimen Wissenschaften lernten, die zu bekämpfen und auszumerzen sie sich in der Nacht von Navas de Tolosa geschworen hatten, umso weniger waren sie gewillt, die uralten Schriftrollen und Manuskripte, die sie in ihren Besitz bringen konnten, einfach zu zerstören. Neben jenen grauenvollen und unheimlichen Grimoarien, die bis zum Rande mit schwarzer Magie angefüllt waren, stießen sie auch auf viele Werke, die den Aufmerksamen und im Geiste wachen den Weg zu den höchsten Geheimnissen der Menschheit öffneten. Doch diese wertvollen Schätze bargen in sich die gleichen Gefahren, wie die üblen Machwerke der Finsternis. Obwohl weder böse noch schlecht, boten auch sie denen, die von Selbstsucht und Machthunger getrieben wurden furchtbarer Schlüssel, um die Tore hinunter in die tiefsten Abgründe der Dunkelheit der Hölle zu öffnen und Wege in die Verdammnis aufzutun. Trotzdem beschlossen die Ordensritter, dass dieses Wissen um keinen Preis verloren gehen durfte, den sie fühlten intuitiv, das irgendwann einmal, wenn Zeit und Menschheit dafür reif geworden waren, mit ihrer Hilfe wunderbare Dinge möglich werden konnten...zum Nutzen aller Geschöpfe Gottes.

      Nach dem Tod ihres ersten Großmeisters, jenes verruchten Alfonso von Kastilien, wählten sie darum in aller Stille einen Mann aus ihren eigenen Reihen, der weder von den Ränkespielen der Politik, noch von der Gier nach persönlicher Macht getrieben wurde und sie öffneten ihren Orden für ihre jüdischen und maurischen Freunde, während sie gleichzeitig den wahren Grund seiner Existenz vor den Augen der Welt verbargen. Ganz besonders nahmen sie sich vor den Fürsten der römischen Kirche in Acht, denn Navas de Tolosa hatte ihnen bewiesen, dass sich unter jenen, die Gottes Wort für sich beanspruchten oftmals die übelsten Diener der Finsternis verbargen. Sie erkannten genau, das hier –sollte das Geheimnis des Ordens von Santiago jemals offengelegt werden – ihre schrecklichsten und unerbittlichsten Feinde waren.

      Langsam kamen die Ritter von Santiago zu der Erkenntnis, dass eine höhere Weisheit nur dann errungen werden konnte, wenn man sich frei machte von dem Ballast seines bisherigen, religiösen Glaubens, der meist nur auf Überlieferungen und Legenden ruhte und keiner sachgemäßen Kritik standhielt. In vielen der Schriften, die sie ausfindig gemacht und in ihren Besitz gebracht hatten, um sie sorgfältig an einem geheimen Ort aufzubewahren, stießen sie auf Hinweise und Fingerzeige, dass einst in grauer Vorzeit und in längst vergessenen Reichen das genaue Studium der Maße der Erde und der Laufbahn der Planeten den Weisen dieser vergessenen Völker ermöglicht hatte, das Mysterium der Seele und ihre Unsterblichkeit zu ergründen und mit diesem Wissen Tore zwischen den Welten zu öffnen, um zu Herren der Zeit zu werden.

      Der Weg, den die Mitglieder des Ordens von Santiago sich zu gehen entschlossen hatten, war nicht leicht. Er führte sie zu den höchsten Gipfeln der menschlichen Erkenntnis, in eine fast vollkommene Einsamkeit ihres Denkens, frei und auch unerreichbar für die vielen hemmenden Suggestionen, die die Welt durchfluteten. Je weiter sie ihre okkulten Studien vorantrieben, desto sicherer wurden sie in ihrer Überzeugung, dass sie auf dem richtigen Weg waren und die Abgründe der Tiefe schrecken sie nicht mehr. Sie hüllten sich in Schweigen gegenüber den Unwissenden, denn ihre geschlossene Bruderschaft war ihnen genug.

      Vor ewigen Zeiten war jenes Wissen, auf das sie gestoßen waren noch das Gemeingut aller Rassen und aller Menschen gewesen. Aber die Menschheit hatte sich vorwärts und abwärts zugleich bewegt, fort aus der Sphäre reiner Göttlichkeit und hinab in die Materie. Anstatt sich mit der Unsterblichkeit ihrer Seele und deren Wiedergeburt zufriedenzugeben, begannen die Menschen durch magische Handlungen zu versuchen, einen ebenso unsterblichen Körper zu erhalten, der den Fluss der Zeit überdauern würde. Das Wissen um die Tore zwischen den Welten und die Pforten der Zeit, das in den ersten Menschenrassen noch durchaus harmlos gewesen war, blieb es nicht mehr, als der physische dem geistigen Körper gegenüber zu dominieren begann.

       Der Fall dieser Rassen, die in grauer Vorzeit gelebt hatten, und den die törichten Fürsten der christlichen Kirche den Sündenfall nannten, war damals eine Notwendigkeit in der Entwicklung des großen Ganzen gewesen, als die höheren Mächte erkannten, dass von nun an das magische Wissen um die Tore der Zeit nur wenigen Auserwählten und Eingeweihten gehören durfte. Darum ließen sie es zu, dass die alten Reiche sich selbst vernichteten und in den Fluten des Meeres versanken. Doch einigen wenigen Flüchtlingen dieser großen Katastrophe gelang es das alte Wissen zu retten und es für sich selbst und für ihre für würdig befundenen Nachfolger zu bewahren.

      Die üblichen kirchlichen Lehren und Religionen bedeuten den Rittern von Santiago die in der Nacht von Navas de Tolosa ihren Eid geschworen hatten nichts mehr. Für sie gab es weder einen persönliche Gott, noch die Lehren des Christentums, des Islams oder des Judaismus. Auch gegen andere Religionslehren waren sie immun geworden, denn sie hatten gelernt, dass die Gottheit, ganz gleich, wie man sie nannte ein unerreichbares Ziel und Jenseits von Gut und Böse war. Spekulative Phantastereien lehnt sie strikt ab und versuchten auch bei den schwersten problematischen Fragen auf dem Boden der Wirklichkeit und der verstandesmäßigen, intellektuellen Durchdringung zu bleiben. Da in diesen Tagen die Macht der Templer immer größer wurde und viele junge Adelige aus ganz Europa diesem Orden beitraten, zogen sie sich mit ein paar fadenscheinigen Bemerkungen über einen Mangel an Kämpfern zuerst aus dem schmutzigen Geschäft des Heiligen Krieges zurück, um nur noch über die Sicherheit der Pilger auf dem Camino nach Compostella zu wachen. Dann entsagten sie ihren riesigen Besitzungen in Murcias und Andalusien und verließen ihr altes Hauptquartier, die Festung von Uclés im Herzen von Kastilien. Sie wählten sich ein vollkommen unzugängliches und uneinnehmbares Adlernest knapp unterhalb des Gipfels des Monte Ori im Tal von Roncal, wo sie ihr neues Hauptquartier aufschlugen.

      Wo die Herren des Tempels in den nächsten fast einhundert Jahren alle Hebel in Bewegung setzten, um keiner weltlichen oder kirchlichen Macht mehr Gehorsam zu schulden, bemühte sich der Orden von Santiago öffentlich fügsam das Haupt zu beugen, zu schweigen und zu gehorchen. Und anstatt, wie die Tempelherren in ganz Europa und im Heiligen Land als Diplomaten und als Mittler zwischen Fürsten und Monarchen aufzutreten, geleiteten sie vor den Augen der Welt nur noch die müden, hungrigen und abgerissenen Gestalten mit der Jakobsmuschel am Pilgerstab sicher bis nach Compostella.

      Als die Männer, die das berühmte, achtspitzige, rote Tatzenkreuz auf dem Mantel trugen den absoluten Höhepunkt ihrer Macht erreichten, hatte man den anderen Ritterorden, der als Erkennungszeichen ebenfalls einen weißen Mantel

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