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sind Fehler in der DNA-Sequenz. Das kann passieren, wenn bei der Verdopplung der DNA eine falsche Base eingebaut wird. Das geschieht durchschnittlich nach 100.000 Basen, die kopiert werden. Das macht bei 6 Milliarden Basen im menschlichen Genom etwa 120.000 Fehler pro Zellteilung aus. Deshalb gibt es auch einen Kontrollmechanismus. Dabei werden etwa 99% der Fehler dann wieder korrigiert.

      Mutationen können jedoch nicht nur während der Zellteilung entstehen, auch Chemikalien und Strahlung können die Basen der DNA verändern.

      Durch falsch eingebaute Basen entstehen dann auch Verformungen des DNA-Stranges. Bestimmte Enzyme sind aber in der Lage diese zu erkennen und wieder zu reparieren. Es kann aber auch passieren, dass eine Reparatur ausbleibt und dann an die nächste Generation weitergegeben wird. Ob dadurch dann ein „Schaden“ oder ein „Vorteil“ eintritt, kann zunächst nicht eingeschätzt werden.

      Es gibt aber auch noch andere Veränderungen. Es können zusätzliche Basen eingebaut werden oder Basen können ganz verlorengehen.

      Noch vor 20 Jahren hatte man angenommen, dass viele Krankheiten erklärt werden könnten, wenn die Sequenz der Basen vollständig bekannt wäre. Damals wurde vermutet, dass Krankheiten allein durch Mutationen der DNA entstehen würden. Die Folge war das Humangenomprojekt (1990) mit dem Ziel, das komplette menschliche Genom zu entschlüsseln. Das gelang dann auch bis 2003.

      Das Ergebnis war aber trotzdem enttäuschend, denn es gab nämlich weiterhin viele Rätsel. Überraschend war, dass überhaupt nur 3% des Genoms in Proteine übersetzt werden und 97% zunächst nutzlos erschienen. Auch war die Anzahl der Gene eines Menschen erstaunlich gering, nämlich nur 25.000. Es gibt sehr viel einfachere Lebewesen als der Mensch, die mehr Gene als der Mensch haben.

      Die Komplexität eines Organismus hängt also nicht von der Anzahl seiner Gene ab, sondern davon, wie diese Gene gesteuert werden. Die Hardware braucht also eine gute Software. Aber das wussten wir ja eigentlich schon immer!

      Hier kommt ein weiterer Begriff: „Genexpression“. Damit wird beschrieben, wie aktiv ein Gen ist. Das Ergebnis ist die Bildung von Proteinen (Eiweiße), denn sie beeinflussen dann alle Prozesse im Organismus. Proteine gibt es mehr als Gene.

      Jetzt kommt die Epigenetik ins Spiel, denn sie ist entscheidend für eine Reihe von Prozessen. Eine der häufigsten epigenetischen Veränderungen an der DNA sind sogenannte Methylgruppen. Sie binden an einer bestimmten Base, nämlich am Cytosin. Dieser Vorgang soll später noch ausführlicher erörtert werden, denn er ist die Grundlage für ein neues Therapiekonzept.

      Es ist doch erstaunlich. Durch solche kleinen chemischen Veränderungen kann unser Organismus sich an eine veränderte Umwelt oder neue Lebensbedingungen anpassen. Und wir können sie später dann an unsere Nachkommen weitergeben. Es gibt aber auch Risiken. Umweltgifte, aber auch psychische Belastungen und Stress sind ebenso wirksam.

      Im Prinzip ist alles reversibel. Je nachdem welchen Lebensstil der Einzelne einschlägt. Wo er lebt. Wie er sich ernährt. Ob er Sport treibt oder viel Stress hat. Alles verändert unser Genom.

      Die Epigenetik hat ihren eigentlichen Ursprung in der Theorie des französischen Biologen Jean-Baptiste de Lamarck, der im 18. Jahrhundert die Theorie aufgestellt hatte, dass Organismen in der Lage sind, bestimmte Eigenschaften, die sie während ihres Lebens erworben haben, an ihre Nachkommen weitervererben können. Dadurch passen sie sich noch besser an ihre Umwelt an und beeinflussen damit auch die Evolution.

      Lamarck war ein Vorgänger von Charles Darwin. Er ging allerdings noch davon aus, dass zufällige Veränderungen im Erbgut die Evolution vorantreiben. Damit schien damals de Lamarck widerlegt. Aber seit der Entdeckung der Epigenetik wird die Theorie von de Lamarck wieder aktuell. Nach heutigem Kenntnisstand scheint es so, als würde Lamarcks Theorie die von Darwin ergänzen.

      Wichtiges für die hausärztliche Praxis

      Epigenetik zeigt uns, dass Gene an- und abgeschaltet werden können. Dadurch gelingt es dem Organismus, sich an bestimmte Lebensbedingungen besser anzupassen. Das hat viele Vorteile. Epigenetischen Veränderungen können auch auf die nächsten Generationen übertragen werden.

      3. Epigenetische Mechanismen

      © M. Großmann_pixelio.de

      Die Epigenetik erhielt eine neue Bedeutung, nachdem das Humangenomprojekt abgeschlossen war, aber trotzdem immer noch viele Fragen unbeantwortet geblieben waren. Epigenetische Mechanismen beeinflussen also die Aktivität von Genen. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn sich unser Organismus an eine veränderte Umwelt anpassen muss. Welche Möglichkeiten gibt es, den genetischen Status zu verändern?

      1. DNA-Methylierung

      Eine gut erforschte Möglichkeit der Anpassung an wechselnde Veränderungen ist die DNA-Methylierung. Dazu werden kleine Moleküle, nämlich eine Methylgruppe, das ist -CH3, an eine Base, nämlich ausschließlich an Cytosin (C) angehängt. Das geschieht allerdings nur an ganz bestimmten Cytosinen. Am häufigsten werden diejenigen Cytosine methyliert, auf die in der Gensequenz die Base Guanin (G) folgen.

      Diese angehängten Methylgruppen wirken dann wie Vorhängeschlösser. Die Methylgruppen verhindern nämlich die Bildung von Proteinen. Auf diese Weise werden Gene inaktiviert. Das Gen ist nämlich plötzlich nicht mehr ablesebar.

      Die Übertragung der Methylgruppe erfolgt durch ganz bestimmte Enzyme, den Methyl-Transferasen. Eine Methylierung kann allerdings Folgen haben. Methyl-Cytosin ist nämlich sehr anfällig dafür, dass dann später die Aminogruppe des Moleküls verloren geht. Dadurch entsteht dann aber die Base Thymin, also eine andere normale Base, die aber jetzt an der falschen Stelle steht. Dann kommt der Reparaturapparat aber in Schwierigkeiten, weil er jetzt nicht erkennen kann, ob die Base echt ist und die gegenüberliegende Base, das ist ja dann Guanin, falsch ist. So entstehen dann Mutationen. Es gibt auch Enzyme, welche die Methylgruppe am Cytosin wieder entfernen können.

      In einem späteren Kapitel soll genauer beschrieben werden, woher diese Methylgruppen stammen, die für die DNA-Methylierung gebraucht werden und wie wir den Prozess von außen beeinflussen können.

      Die Methylierung der DNA ist nicht die einzige epigenetische Modifikation, über welche die Aktivität der Gene gesteuert werden kann. Auch chemische Veränderungen an den Histonen spielt dabei eine große Rolle.

      2. Histon-Modifikation durch verschiedene Substanzen, meist auch wieder Methyl.

      Die DNA liegt nicht „nackt“ im Zellkern. Sie wird nämlich um die Histone herumgewickelt. Histone sind basische Proteine. Nur so kann die 2 Meter lange DNA doch noch in den Zellkern gepackt werden. Sie würde sonst niemals in den Zellkern hineinpassen. Dieses Problem wurde aber von der Natur sehr gut gelöst. Die DNA ist nämlich jetzt zu einem kleinen Knäul zusammengefaltet, der nur noch einen winzigen Durchmesser hat. Dabei spielen auch elektrische Ladungen eine Rolle. Histone sind positiv, die DNA ist negativ geladen. Es entstehen so die zwei großen linksgängigen Windungen. Es gibt unterschiedliche Typen von Histonen, die auch verschiedene Bezeichnungen haben.

      Ein wichtiges Prinzip zur Herstellung von Enzymen ist das Ablesen eines Gens. Dazu muss es möglich sein, Zugang zu den entsprechenden Genabschnitten zu bekommen. Das ist aber nur dann möglich, wenn die DNA „vom Wollknäuel abgewickelt“ worden ist.

      Auch der pH-Wert spielt für die Konfiguration eine Rolle. Der „saure“ DNA-Strang heftet sich nämlich an die Histone an, die alkalisch sind.

      Vier Histon-Paare bilden dann ein Nukleosom. Auf jedem Nukleosom sind 147 Basenpaare der DNA aufgewickelt. Eine Abfolge von Nukleosomen wird als Chromatin bezeichnet.

      Das Abwickeln der DNA von den Histonen ist nur deshalb möglich, weil die Histone kleine „Ärmchen“ besitzen, das sind kurze Ketten von Aminosäuren, die aus den Histonen herausragen.

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