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      Rolf Spittel

      Verschollen im Urlaub

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       VERSCHOLLEN IM URLAUB

       Alles begann an der kroatischen Adriaküste...

       ...und findet seine Fortsetzung auf Yucatán, Mexiko

       Zwischenspiel im Alpenvorland und an der Nordseeküste

       Mexikanisch/schweizerische Ermittlungen

       Sehr persönliche Erfahrungen auf Kuba

       Finales Trinidad

       Impressum neobooks

      VERSCHOLLEN IM URLAUB

      Antje öffnet den Briefkasten. Nach einer Woche hat sich einige Post angesammelt. Reklame jeder Art, natürlich Rechnungen, die längst erwartete Einladung zur Taufe ihrer einzigen Nichte, und hinter einer Benachrichtigung eine blaustichige Ansichtskarte. Deren Foto zeigt einen traumhaften Sandstrand mit Palmen - und ein sonderbar anmutendes Denkmal. Neugierig dreht sie den Kartengruß um. Eigenartigerweise ist keinerlei Text darauf vorhanden. Lediglich in der linken oberen Ecke befindet sich ein winziger, mehrsprachiger Aufdruck hinsichtlich der Lokalität. Dessen Entzifferung bereitet den Augen etwas Mühe.

      Bahía de Cochinos, Bay of Pigs, Schweinebucht

      Wutentbrannt zerreißt sie die Postkarte in kleine Fetzen. Antje van Breugelen kennt sich in Gegenwartsgeschichte aus und versteht die hundsgemeine Anspielung allzu gut.

      Alles begann an der kroatischen Adriaküste...

      Rezeptionistin Dube blickt leicht verstohlen über ihren Arbeitsbildschirm. Von diesem Reiseleiter, welcher gerade die Beine neben dem Tresen ausstreckt, von so einem sportlichen Mann würde sie sich aus Wellen retten lassen. Ihr Gewissen schellt sie daraufhin eine schamlose Frau. Jener absurde Gedanke wird bestimmt von der neuen Fernsehserie inspiriert. Seit mehreren Abenden verfolgt sie Ausstrahlungen von Bay Watch und eine Tatsache erscheint ihr dazu geradezu lächerlich. Seit Geburt an der Küste zu leben, und sich maximal bis zur Hüfte in die Fluten der Adria zu getrauen. Ihre Augen taxieren derweilen die muskulösen Arme des Reiseleiters. Die Haut wirkt nicht nur makellos glatt, man erkennt nicht einmal den Ansatz von Behaarung. Und bei ihr ist es wieder höchste Zeit für eine Depilation. Sie würde gerne einmal durch das glatte, modisch geschnittenes, mittelblonde von Hans Spruit Haar streichen ... Hinsichtlich seines Geschmacks für Kleidung fallen ihr gleich mehrere Verbesserungsvorschläge ein. So sind nun einmal die allermeisten Männer veranlagt. Ihnen fehlt einfach der Flair für eine passende Farbkombination und darin weist ihr Gegenüber erhebliche Defizite auf. Wie kann man nur eine rote Jacke mit einer hellgrauen Hose kombinieren! Die Gedanken wechseln auf eine ganz andere Frage über, welche ihr seit einiger Zeit durch den Kopf gehen.

      - Hast Du eigentlich vor, ein weiteres Mal auf unsere Insel zurückzukehren? Eventuell vielleicht schon im nächsten Jahr?

      Hans legt seine Ausflugsabrechnungen beiseite und blickt der Rezeptionistin tief in die dunkelbraunen Augen.

      - Ich käme die nächste Saison gerne zurück. Unter der Voraussetzung, dass Du bis dahin geschieden bist.

      - Du bist mir vielleicht ein Casanova. Und was machst Du, falls ich bis dann wirklich solo bin? Aber leider weiß ich nur zu genau, dass Du mit der schönen Ina im Hotel Park ebenso ungeniert zu flirten pflegst. Und nun im Ernst. Hast Du bereits Zukunftspläne geschmiedet?

      Der Reiseleiter wirft einen Blick zur hoteleigenen Bootsanlegestelle hinab. Die Frage hat ihn unvorbereitet getroffen und er denkt zum ersten Mal ernsthaft über seine eigenen Pläne für die nächste Sommersaison nach. Der bereits fünf Monate andauernder Aufenthalt als Repräsentant von Neckermann Reisen auf der kleinen, verträumten Insel behagt ihm weitgehend. Lopud befindet sich lediglich eine Stunde mit dem Postschiff vom nervenaufreibenden Massentourismus in Dubrovnik entfernt. Von Ruhe und Natur umgeben, betreut er deutsche und holländische Urlauber seines Arbeitgebers, welche ihre Ferien in einem der drei Hotels verbringen. Bis vor wenigen Wochen hatte er zwar mit erheblichen Überbuchungsproblemen zu kämpfen, der Fehler beruhte aber einzig auf der Unfähigkeit des Generaldirektors der Hotelgruppe. Abgesehen vom damit direkt verbundenen Ärger hat er sich ansonsten pudelwohl gefühlt, was kein Wunder darstellt. Auf dieser dalmatinischen Insel existiert kein Autoverkehr, die schmale Uferpromenade verbindet die Hotels und dazwischen befinden sich einige Gebäude entlang einer halbkreisförmigen Bucht. Die äußerst bescheidene Infrastruktur besteht gerade mal aus einer Eisdiele, zwei kleinen Supermärkten, vier Restaurants, zwei Bars und einem Büro, welches zugleich als Postbüro und Verkaufsstelle für die Personenfähre dient. Die Gesamtbevölkerungszahl beläuft sich auf weniger als 250 Seelen. Hans erinnert sich noch gut an seinen Antrittsbesuch.

      Anfang April, kurz vor Ankunft der ersten Pauschalurlauber aus Mitteleuropa, betrachtete er vom Oberdeck des Postschiffes aus die geringen Ausmaße der Insel. Vier Kilometer in der Länge, und etwas weniger als die Hälfte in der Breite. In ihrer Mitte steigt ein kleiner Berg auf etwa 200 Höhenmeter an, überall wächst typische Mittelmeervegetation. Als der betagte Dampfer an der vorderen Hafenmauer anlegte, wartete praktisch die vollständige Bevölkerung mit Handkarren und zwei Minitraktoren auf eintreffende Ware. Für die anstehende Saison hatte man gleich kisten- oder sogar palettenweise Getränke, Lebensmittel, Putzmaterial und Klopapapier im Einkaufszentrum des neuen Hafens von Dubrovnik bestellt. Nach dem Verlassen des Schiffes betrat der neue Reiseleiter zunächst den botanischen Garten. Ein verwittertes Hinweisschild warnt Besucher beim Betreten vor einstürzendem Gemäuer des 1979 durch ein Erdbeben zum größten Teil zerstörten Grandhotels. Man erkennt das Gebäude nur noch durch die Äste der Laubbäume und Efeuranken. Die ehemaligen Unterkünfte würden im Hochsommer dringend benötigt, aber wer bringt die Mittel für den Wiederaufbau auf?

      Sämtliche Fassaden privater Wohnhäuser bestehen aus Granit und keines der Gebäude wurde nach 1850 erbaut. Vereinzelte Palmen spenden Schatten und üppig blühende Oleandersträucher setzen ihre Farbtupfer entlang der Uferpromenade. Hans musste hin und wieder Handkarren ausweichen, auf welchen Inselbewohner ihre bestellten Waren transportierten. Kinder spielten derweilen barfuß am schmalen Sandstreifen, wo die Wellen der Adria gemächlich ausrollen. Vereinzelt grüßten ihn Einheimische wie einen alten Bekannten und vor der Kirche unterbrachen zwei Senioren ihr Schachspiel. Beide wollten unbedingt den neuen Vodic in Augenschein nehmen. Es hatte sich bereits in Windeseile herumgesprochen, dass der neue Reiseleiter von Neckermann auf dem Postschiff eingetroffen sei. Einer der Schachspieler bot ihm eine dunkle Zigarette an, er lehnte dankend ab und setzte den Streifzug fort.

      Er war in ein kleines Paradies gelangt, in welchem demnächst Urlauber geruhsame Ferien verbringen. Auf Lopud suchen Mitteleuropäer inmitten einer weitgehend intakten, mediterranen Landschaft nach Ruhe und Erholung. Er folgte einen schmalen Pfad den Hügel hinauf, an der ersten Weggabelung führte ihn ein Eselspfad zum Südstrand hinab. Es handelt sich um eine der wenigen Buchten in Kroatien, welche über einen Sandstrand verfügen. Das Ufer umsäumt ein kleiner Pinienhain. Es kehrte begeistert um, und setzte den Rundgang

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