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      „Gantenbein.“

      „Macht Platz für Gartenbein.“

      „Gante…“ Er ließ es gut sein.

      Der Polizist führte Gantenbein zur Kabine.

      Ein schrecklicher Anblick bot sich ihm. Ein Messer steckte in der weiblichen Leiche, das Blut klebte an den Wänden. Er spürte die Blicke der kroatischen Polizisten im Nacken. Akribisch musterte er die Leiche von Kopf bis Fuß, ohne sie anzufassen. Sein Blick wanderte wieder zurück zum Gesicht. Er zog die Brauen zusammen. Sah er das richtig? Die Lippen der Toten glänzten. Instinktiv roch er am Mund. Das war doch nicht etwa …. Mit seinem Zeigefinger fuhr er über ihre Lippen. Drehte sich um und schob den Finger in seinen Mund. Naserümpfend verzogen die Polizisten ihre Gesichter.

      „Das, meine Herren, ist Olivenöl“, klärte er auf.

      „Was ist Olivenöl?“, erklang hinter den Uniformierten eine grimmige Stimme.

      Die Männer drehten sich um.

      „Inspektor Horvat“, grüßte der Knochige.

      Inspektor Ivan Horvat zog man bei Tötungsdelikten hinzu. Er arbeitete in Rijeka und war auch für Opatija zuständig. In Wien geboren und aufgewachsen. Ein miesepetriger vierundfünfzigjähriger Eigenbrötler, hager, großgewachsen. Eine Brille mit schwarzem Rand thronte auf seiner Nase. Gantenbein musterte ihn eingehend. Ja. So hatte er sich den berüchtigten Inspektor vorgestellt. Kantiges Kinn, und offensichtlich hatte er seit Längerem keinen Frisörsalon mehr von innen gesehen. Seine braunen Haare waren auf den Seiten fast Schulterlang, oben hatte er eine Glatze.

      Fehlt nur noch eine Goldkette, dachte Gantenbein, dann würdest du aussehen wie ein Zuhälter aus den Siebzigern.

      Der Inspektor kam geradewegs auf ihn zu. Er schluckte einmal leer.

      „Ich hätte gern eine Antwort auf meine Frage.“ Inspektor Horvat fixierte sein Gegenüber mit einem durchdringenden Blick.

      „Natürlich, Cheffe.“

      „Ich werde Inspektor Horvat genannt. Ganz einfach. Inspektor Horvat.“

      Gantenbein nickte. „Die Tote hat Olivenöl auf den Lippen.“

      Der Inspektor brummte, zog den Kopf zurück und murrte: „Wer zum Teufel sind Sie?“

      „Oh, entschuldigen Sie bitte, ich hätte mich zuerst vorstellen sollen. Mein Name ist Frank Gantenbein ….“

      „Was für ein Bein?“

      Lauter Seufzer. „Gantenbein.“

      „Und weiter? Das ist ein Tatort. Was machen Sie hier?“ Der Inspektor schob seine Brille etwas hoch, die ihm zur Nasenspitze herabgerutscht war.

      „Ich war eigentlich zum Kaffeetrinken hergekommen. Und dann fand eine Frau unsere Leiche hier.“

      „Also, erstens einmal ist das meine Leiche und nicht unsere. Aber sagen Sie, ist das irgendein Fetisch von Ihnen? Leichen anstarren? Verschwinden Sie von hier.“ Er packte Gantenbein grob am Oberarm.

      „Nein, warten Sie. Ich bin Kriminalkommissar.“

      Unverzüglich ließ der Inspektor los. „Was sind Sie?“

      „Kriminalkommissar. Na ja, also, eigentlich war ich das mal. Vor meiner Pensionierung. In der Schweiz. Jetzt genieße ich meinen Lebensabend hier in Opatija.“

      „Was ist das eigentlich für ein krankes Spielchen, das Sie spielen? Scheiße nochmal! Wollen Sie mich verarschen?“

      „Ich? Sie glauben mir nicht?“

      „Hören Sie mal … Bein, es ist mir scheißegal, wer sie sind und was ihr verdammter Job ist oder war. Aber das hier“, er deutete mit seinen Fingern auf den Boden, als würde er sein Revier markieren, „das ist mein Tatort. Und Sie verschwinden jetzt.“ Mahnend hob er den Zeigefinger. „Oder Sie werden aufs Kommissariat geführt.“

      Die Worte des Inspektors zeigten Wirkung. Gantenbein wollte es nicht darauf anlegen lassen und verabschiedete sich höflich.

      „Denken Sie an das Olivenöl an ihrem Mund, es könnte von Bedeutung sein.“ Er drehte sich um und entfernte sich vom Tatort.

      5

      Der Rechtsmediziner Doktor Stijepan Petrović hatte sich seine Arbeitskleidung übergezogen und stülpte sich noch Latexhandschuhe über. So würde er keine Spuren hinterlassen, was die Arbeit der Spurensicherung erleichterte. Im weißen Einweg-Ganzkörperanzug begann er mit der Untersuchung der Toten. Normalerweise zog er dafür dem Leichnam die Schuhe aus und leerte dessen Taschen, hier entfiel dieses Vorgehen, da die Leiche mit entblößtem Körper vor ihm lag.

      „Die Todesursache ist ja offensichtlich“, fauchte Inspektor Horvat.

      Dr. Petrović legte seinen Kopf schief.

      „Es sieht danach aus, muss aber nicht zwangsläufig so gewesen sein. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Inspektor, wenn Sie mich meine Arbeit machen lassen würden.“

      Er fokussierte sich wieder auf die Leiche. Behutsam nahm er ihren Kopf in die Hände und inspizierte ihn eingehend. Dann den Hals, die Arme, anschließend ihren Torso, ihre Beine und zum Schluss ihre Füße. Er kniete sich auf den feuchten Boden vor die Tote und legte seine rechte Hand auf ihre Schulter, seine linke Hand auf ihre Hüfte, dann kippte er sie vorsichtig zu sich, sodass er einen Blick auf ihren Rücken und das Gesäß werfen konnte. Rötlich-violette Flecken waren unverkennbar. Er drückte auf einen, um den ungefähren Todeszeitpunkt festzustellen. Er blickte auf seine Armbanduhr. „Der Zeitpunkt der Hypostase war gestern zwischen zweiundzwanzig und vierundzwanzig Uhr. Die Totenflecke sind ausgeprägt aber noch reversibel, sprich die Frau wurde vor weniger als zwölf Stunden getötet. Die Totenstarre lässt sich nur mit genügend Kraft lösen, worauf sich schließen lässt, dass sie kurz vor Mitternacht ihren letzten Atemzug getan hat. Aber ganz genau kann ich Ihnen das erst sagen, wenn ich ihren Mageninhalt untersucht habe.“

      Horvat nickte stumm.

      Sachte zog Dr. Petrović das Messer aus der Brust des Opfers.

      „Spurenbeutel“, sagte er seinem Assistenten.

      Dieser nahm aus dem silbernen Koffer eine braune Papiertüte, öffnete sie, und der Rechtsmediziner ließ das Messer hineingleiten.

      „Wir nehmen sie mit zur Obduktion. Möchten Sie uns begleiten, Inspektor?“

      „Ich würde sehr gerne, habe aber mehr als genug zu tun. Ein andermal wieder, wenn nicht gerade die Hölle ausgebrochen ist.“

      Dr. Petrović und sein Assistent legten den leblosen Körper in den Leichensack, hievten ihn auf die bereitgestellte Trage und rollten ihn weg.

      6

      Im Hotel herrschte Hektik. Das Personal wuselte überfordert umher und versuchte aufgebrachte Gäste zu beruhigen. Einige Frauen weinten.

      In Gantenbein war der Kommissar geweckt worden. Er stellte sich in die Menschenmenge und lauschte den Gesprächen.

      „Das ist die Frau vom dritten Stock“, hörte er eine ältere Dame zu einer anderen sagen.

      „Ach herrje. Die habe ich gestern am Pool getroffen. Mit ihrem Mann. Mensch, der Arme. Wie er es wohl aufgefasst hat?“, meinte die andere.

      Ein Mann gesellte sich zu ihnen.

      „Die beiden waren aber nicht allein hier. Ich habe vom Zimmernachbarn der beiden gehört, dass er gehört hat, wie ein Gast aus der zweiten Etage am Frühstückstisch darüber gesprochen hat, dass die Schwester des Mannes mit ihrem Partner auch hier sei.“

      Augenverdrehend schlenderte Gantenbein unauffällig weiter zum nächsten Grüppchen und spitzte seine Ohren.

      „Das ist ja furchtbar“, äußerte eine massige Frau und kraulte sich die linke Brust.

      „Ja, das

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