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"Weiß es nicht. Vielleicht sind feindliche Kurden in der Nähe."

       "Was aus ihnen machen? Niemand kann uns sehen. Hm! Gefällt

       mir nicht!"

       Er warf einen zweifelhaften Blick auf den Khan, welcher mit dem

       sichtlichen Bestreben, von uns nicht gehört zu werden, zu seinen

       Leuten redete. Ich setzte mich zu Mohammed Emin, welcher auf

       diese Gelegenheit gewartet zu haben schien, denn er fragte mich

       sofort:

       "Emir, wie lange bleiben wir bei diesen Bejat?"

       "So lange es dir beliebt."

       "Ist es dir recht, so trennen wir uns morgen von ihnen."

       "Warum?"

       "Ein Mann, der die Wahrheit verschweigt, ist kein guter Freund."

       "Hältst du den Khan für einen Lügner?"

       "Nein; aber ich halte ihn für einen Mann, der nicht alles sagt, was

       er denkt."

       "Er hat dich erkannt."

       "Ich weiß es; ich habe es an seinen Augen gesehen."

       "Nicht bloß dich, sondern auch Amad el Ghandur."

       "Das ist leicht zu denken, da mein Sohn die Züge seines Vaters

       trägt."

       "Macht dir dies vielleicht Sorgen?"

       "Nein. Wir sind Gäste der Bejat geworden, und sie werden uns

       nicht verraten. Aber warum haben sie diesen Bebbeh gefangen

       genommen?"

       "Damit er unsere Anwesenheit nicht verraten kann."

       "Warum soll sie nicht verraten werden, Emir? Was haben

       zweihundert bewaffnete und gut berittene Reiter zu fürchten,

       wenn sie keinen Troß bei sich haben, weder Weib noch Kind,

       weder Kranke noch Greise, weder Zelte noch Herden? In

       welcher Gegend befinden wir uns, Effendi?"

       "Wir sind inmitten des Gebietes der Bebbeh."

       "Und er wollte zu den Dschiaf? Ich habe wohl bemerkt, daß wir

       immer gegen Mittag ritten. Warum teilt er heute die Leute in zwei

       Lager? Emir, dieser Heider Mirlam hat zwei Zungen, obgleich er

       es ehrlich mit uns meint. Wenn wir uns morgen von ihm trennen

       wollen, welchen Weg schlagen wir dann ein?"

       wollen, welchen Weg schlagen wir dann ein?"

       "Wir haben die Berge des Zagros zu unserer Linken. Die

       Distriktshauptstadt Banna liegt ganz in unserer Nähe, wie ich

       vermute. Geht man an ihr vorüber, so kommt man nach

       Amehdabad, Bija, Surene und Bayendereh. Hinter Amehdabad

       öffnet sich ein Paß, welcher durch einsame Schluchten und Täler

       nach Kizzelzieh führt. Dort hat man die Hügel von Girzeh und

       Sersir zur Rechten, ebenso die kahlen Berge von Kurri-Kazhaf;

       man gelangt an die beiden Wasserläufe Bistan und

       Karadscholan, welche sich mit dem Kizzelzieh vereinigen und in

       den Kiuprisee fallen. Haben wir diesen erreicht, so sind wir

       geborgen. Dieser Weg ist freilich beschwerlich."

       "Woher weißt du dies?"

       "Ich habe in Bagdad mit einem Bulbassi-Kurden ge- sprochen

       [gesprochen], welcher mir diese Gegend so gut beschrieb, daß

       ich mir eine kleine Karte anfertigen konnte. Ich glaubte nicht, sie

       brauchen zu können, habe sie aber doch hier in mein Tagebuch

       gezeichnet."

       "Und du meinst, daß es gut sei, diesen Weg einzuschlagen?"

       "Ich habe mir auch andere Orte, Berge und Flüsse aufgezeichnet,

       halte diesen Weg aber für den besten. Wir könnten entweder

       nach Sulimania oder über Mik und Doweiza nach Sinna reiten,

       wissen aber nicht, welche Aufnahme wir dort finden."

       "So bleibt es dabei: - wir trennen uns morgen von den Bejat und

       ziehen über die Berge nach dem See von Kiupri. Wird dich

       deine Karte nicht täuschen?"

       "Nein, wenn mich der Bulbassi nicht getäuscht hat."

       "So laß uns ruhen und schlafen! Die Bejat mögen tun, was ihnen

       beliebt."

       Wir tränkten unsere Pferde am Bache und sorgten für das

       notwendige Futter. Dann legten sich die Andern gleich zur Ruhe,

       während ich den Khan aufsuchte.

       "Heider Mirlam, wo sind die andern Bejat?"

       "In der Nähe. Warum fragest du?"

       "Bei ihnen ist der gefangene Bebbeh, den ich sehen möchte."

       "Warum willst du ihn sehen?"

       "Es ist meine Pflicht, weil er mein Gefangener ist."

       "Er ist nicht dein, sondern mein Gefangener; denn du hast ihn mir

       übergeben."

       "Darüber wollen wir uns nicht streiten; aber ich möchte doch

       nachsehen, wie er sich befindet."

       "Er befindet sich gut. Wenn Heider Mirlam dies sagt, so ist es

       wahr. Sorge dich nicht um ihn, Herr, sondern setze dich zu mir,

       und laß uns eine Pfeife Tabak rauchen!"

       Ich folgte seinem Worte, um ihn nicht zu erzürnen, verließ ihn

       aber sehr bald wieder, um mich niederzulegen. Warum sollte ich

       den Bebbeh nicht sehen? Schlecht behandelt wurde er nicht;

       dafür bürgte mir das Wort des Khan. Dieser aber wurde

       jedenfalls von einem Grunde geleitet, den mein mangelhafter

       Scharfsinn nicht zu entdecken vermochte. Ich beschloß, morgen

       in aller Frühe den Bebbeh auf meine eigene Gefahr hin

       freizulassen und dann mich von den Bejat zu trennen. So schlief

       ich ein.

       Wenn man vom Morgengrauen bis zum späten Abend auf dem

       Pferde hängt, so wird man selbst als Gewohnheitsreiter müde.

       Das war auch bei mir der Fall. Ich schlief gut und fest, und ich

       wäre sicher vor dem Morgen nicht aufgewacht, wenn nicht das

       Murren meines Hundes mich geweckt hätte. Als ich die Augen

       aufschlug, war es sehr dunkel; dennoch erkannte ich einen Mann,

       welcher aufrecht in meiner Nähe stand.

       Ich griff zum Messer.

       "Wer bist du?"

       Bei dieser Frage erwachten auch die Gefährten und nahmen die

       Waffen zur Hand.

       Waffen zur Hand.

       "Kennst du mich nicht, Herr?" erklang die Antwort. "Ich bin einer

       der Bejat."

       "Was willst du?"

       "Herr, hilf uns! Der Bebbeh ist entflohen!"

       Ich sprang sofort auf und die Andern mit.

       "Der Bebbeh? Wann?"

      

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