Аннотация

In bestimmten «Schwellenzeiten» gelangt eine menschliche Gemeinschaft an Grenzen des zeitgenössischen Denkens und Fühlens. Sie muss dann zu Dogmen verfestigte Ordnungsvorstellungen überschreiten, die zuvor dem Zurechtfinden der Menschen noch befriedigende Hilfe zu leisten vermochten. Eine solche Schwellenzeit sieht Kolbenheyer für das deutsche Volk im Aufblühen der deutschen Mystik, an der exemplarisch wird, wie volkbedingtes Bewusstsein sich so weit ausdifferenzieren kann, dass es an den aus einer «fremden» (der mediterranen) Welt übernommenen (in diesem Falle religiösen) Ordnungsformen kein Genüge mehr findet. In diese Entwicklungszeit des deutschen Volkes stellt Kolbenheyer in «Das gottgelobte Herz» das Leben einer einzelnen Frau, die Entwicklung ihres Leibes und Gemütes vom Kind zur Reife in der jeweils weltbildenden Gemeinschaft eines in eine reichsstädtische Bürgerschaft eingebetteten Elternhauses und schließlich des Klosters. Der Autor zieht für sein Werk überlieferte Nachrichten einer historischen Persönlichkeit heran: der Margarete Ebner († 1351) aus Donauwörth, deren Briefwechsel mit dem Prediger Heinrich von Nördlingen er z. T. wörtlich dem Roman eingliedert. Dies kann geschehen, ohne dass dem Leser ein Bruch spürbar wird, weil sich Kolbenheyer mit der wörtlichen Rede der gestalteten Personen der historischen Sprachstufe des Oberdeutschen des 14. Jahrhunderts annähert. Über seine formalen Ansprüche an das Sprachkunstwerk und insbesondere über das hier erwähnte Gestaltungsmittel – eigentlich ein Gestaltungsanreiz für die Nacherschaffung der Gefühls- und Denkwelt der zur Darstellung kommenden Zeit i m L e s e r – hat sich der Autor verschiedentlich geäußert («Sebastian Karst über sein Leben und seine Zeit»; «Die Dritte Bühne»). Der Leser, der sich nicht scheut, den Roman passagenweise laut zu lesen, wird unschwer die Wirkung einer historisch «wahren» Sprache erproben können. Das Werk ist der letzte Roman des Autors und erschien zuerst 1938.

Аннотация

Ein Roman aus dem Schlesien der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Während der Belagerung Breslaus durch die schwedisch-sächsische Armee (1632) lässt sich der Schuhmachermeister Joachim Pausewang in der eingeschlossenen Stadt auf Reflexionen über sein Leben ein, dessen Begebenheiten in ihm wieder auferstehen und im Niederschreiben zum Zwiegespräch mit dem die Stadt verteidigenden Sohn und dem fernen Nachfahren (dem «gelahrt Urenkelein») werden. Die Erinnerungen weiten sich dann im Fortgang des Berichtens immer wieder zu einer philosophischen Reflexion, die unbefangen, ohne die religiöse Form schon abzustreifen, einer metaphysischen Einordnung des Erlebens nachgeht. Inhaltlich wird diese Reflexion u. a. durch Betrachtungen des «Philosophus Teutonicus» Jakob Böhme angeregt, von denen der Protagonist des Romans als jugendlicher Werk- und Wandergenosse des Böhme und später durch dessen Schrift «Aurora» Kenntnis erlangt, denen er aber nicht immer bedenkenlos folgt: « … – allein auch durch mich Schuster weht das Ewige seine Bahn hin.» Zuerst erschienen 1910. Der Roman wurde ins Englische («A Wintertime Tale») und ins Tschechische übersetzt.

Аннотация

Das Werk schildert am Lebensweg des Paracelsus den zur Zeit der Reformation hervortretenden Gegensatz zwischen mediterranem Denken und dem erwachenden Sonderbewusstsein der Deutschen, das zuerst unter religiösen Formen um Ausdruck ringt: in Schwärmerei und einsiedlerischer Frömmigkeit, in Selbstgeißelung und Wiedertäufertum, in Alchemie und ekstatischer Hingabe, aber auch in Herausbildung künstlerischer Formen wie dem deutschen Kirchenlied. Der Leser begegnet einem bedeutenden Abschnitt der deutschen Volkwerdung als einem aus dem unübersehbar bedingten Alltagsleben der Bürger, Bauern, Landsknechte, Kleriker, Edelleute, Gelehrten aufscheinenden geistigen Geschehen, das sich gewissermaßen offen, unabgeschlossen, in einer scheinbar diffusen Disjizierung auf zahlreiche Individuen verteilt ereignet. Der Roman ist zum einen in Sprache und Inhalt historisch verpflichtet, geschichtliche Persönlichkeiten der Zeit tauchen auf, es werden aber auch Menschen eingeführt, die den Geist der Zeit zu verkörpern haben. Die Sprache eröffnet das innere Leben, sie hält Gefühl und Denken jener Schwellenzeit dem Leser gleichsam zur Wiedererschaffung bereit. Zu dem Rückgriff auf eine historische Sprachstufe erklärte Kolbenheyer in «Sebastian Karst über sein Leben und seine Zeit» (II. Teil. [Nürnberg]: Kolbenheyer-Gesellschaft 1958, S. 90), welchem künstlerischen Anspruch er mit diesem von ihm erstmals in seinem Gestaltungspotenzial aufgewiesenen Mittel nachkommen will: «Es gab wohl Erzählungen im sogenannt archaischen Stil, aber Stilfärbungen genügten mir für die künstlerische Wahrhaftigkeit nicht mehr. Die ferne Zeit durfte nicht nur angeheimelt sein. Sie musste gerade dort, wo die Gestalten sprachen, mit jedem Wort, jedem Tonfall, mit dem Bau der Sätze aus der Bildhaftigkeit des im Gespräch mitgeteilten Weltempfindens naturhaft zu neuem Leben erstehen.»